Die Mediatoren reagieren gegen den Willen der Betroffenen auf Berichte über Ulrich Weber. Die ehemaligen Heimopfer wollen den Anwalt am Samstag dennoch zum Aufklärer der Vorwürfe wählen.

Korntal-Münchingen - Eine Meldung von Elisabeth Rohr schlägt seit Mittwochabend hohe Wellen. Die Mediatorin im Korntaler Missbrauchsskandal hatte der Deutschen Presseagentur gesagt, die für Samstag anberaumte Wahl eines Aufklärers „kann nicht wie geplant stattfinden“. Denn: Weber sei laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) vom Montag in die Korruptionsaffäre um den Regensburger Oberbürgermeister verstrickt. In dem BR-Beitrag heißt es, „maßgeblich Beschuldigte in der Regensburger Korruptionsaffäre haben sich wohl in den Räumen des Rechtsanwalts und Fußballfunktionärs Ulrich Weber getroffen, um auf einen Zeugen Einfluss zu nehmen“.

 

Tags darauf verschickten Elisabeth Rohr und ihr Mediatoren-Kollege Gerd Bauz dann auch eine Absage der Veranstaltung am Samstag. In der Absage ist jedoch nicht mehr die Rede davon, dass die Wahl Webers nicht mehr möglich sei. Vielmehr wolle man Weber „zunächst die Möglichkeit geben, sich vor der Auftraggebergruppe zu den Vorwürfen zu äußern“.

Ulrich Weber, der am Samstag als einziger Kandidat für die Rolle als Aufklärer antritt, weist die Vorwürfe indes zurück: „diese sind nicht zutreffend“. Weber ist Aufsichtsratsvorsitzender jener Gesellschaft, in die der Fußball-Drittligist Jahn Regensburg seine Profimannschaften ausgegliedert hat. Der Verein soll laut Medienberichten eine zentrale Rolle in dem Korruptionsskandal spielen.

Aufklärer soll dennoch gewählt werden

Eigentlich hätte Weber bereits nach seiner Vorstellung Mitte Januar gewählt werden sollen. Jedoch waren damals noch einige inhaltliche Fragen offen geblieben, was eine Wahl verhinderte. Diese Fragen sollte Weber nun am Samstag vor seiner als wahrscheinlich geltenden Kür beantworten. Nach eigenem Bekunden will der Rechtsanwalt an diesem Prozedere auch festhalten. Gleichwohl, erklärt Weber, erwarte er auf das Vorgehen der Mediatorin Elisabeth Rohr eine Reaktion der Brüdergemeinde. In Korntal verweist man aber lediglich auf die Aussage von Rohr: Er habe dem nichts hinzuzufügen, meint der weltliche Vorsteher, Klaus Andersen.

Einmütige Reaktion der Opferverbände

Ganz anders äußern sich die Vertreter der beiden Opferverbände, der Arbeitsgemeinschaft (AG) Heimopfer Korntal und dem Netzwerk Betroffenenforum. Für die AG sagt Wolfgang Schulz: „Ich kann nur hoffen, dass am Samstag eine Beratung stattfindet und wir uns für Weber entscheiden.“ Er verweist darauf, dass selbst das Bistum Regensburg weiter an Weber festhalte. Der Anwalt war über Regensburg hinaus bekannt geworden als Aufklärer der Missbrauchsfälle bei den Domspatzen.

„Wir haben keinen Grund, ihm das Vertrauen zu entziehen“, sagt Schulz. Ihn stört, dass Rohr allein die Pressekonferenz abgesagt habe: „Das finde ich nicht gut.“ Zumal die Absage „nicht logisch begründet“ sei: es gelte nach wie vor die Unschuldsvermutung. Dabei handelt es sich um ein Grundprinzip eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Der Verdächtigte oder Beschuldigte muss nicht seine Unschuld, sondern die Strafverfolgungsbehörde seine Schuld beweisen.

Unklar ist derweil, wer ein Interesse an den neuerlichen Misstönen hat. Detlev Zander, Sprecher der Opfergruppe Netzwerk Betroffenenforum, ärgert sich über die eigenmächtige Absage der Pressekonferenz durch die Mediatoren. „Das hätte man in Ruhe besprechen können.“ Das Netzwerk Betroffenenforum wolle weiterhin, „dass Weber die Aufklärung macht“. Was jetzt über die Rolle des Juristen und Sportfunktionärs Weber in Regensburg im Raum stehe, sei reine Spekulation, so Zander. „Und die Brüdergemeinde lacht sich ins Fäustchen.“ Letztlich sei es einfach nur „traurig für die Betroffenen“.

Dass der Brüdergemeinde ein gemäßigterer Aufklärer als Weber lieber wäre, „der nicht so gründlich ist“, kann Wolfgang Schulz von der AG Heimopfer den Pietisten „nicht verübeln“.