Brecht und Weill, Anita Berber und Marlene Dietrich: Die Zwanzigerjahre-Show „Berlin, Berlin“ wirbelt mit historischem Personal über die Bühne des Stuttgarter Theaterhauses. Inszeniert wird sie von Christoph Biermeier, dem ehemaligen Intendanten der Festspiele in Schwäbisch Hall.

Stuttgart - Schüchtern schleicht er herein, der gepflegte Schnauzertyp im schwarzen Mantel. Kaum aber hat er seine Arbeitskleidung angelegt, fällt auch seine Zurückhaltung. Der blaue Militärfrack macht ihn zum Admiral! Auf sein Kommando – er singt Irving Berlins „Puttin’ on the Ritz“ – wirbeln perlengestylte Damen, halbseidene Herren, sexy Flapper Girls und knackige Kellner vor opulenter Kulisse über die Bühne, rauchend, trinkend, mit dem Hintern und anderem wackelnd.

 

Willkommen im Admiralspalast, dem heißesten Vergnügungstempel im Berlin vor hundert Jahren! „Berlin, Berlin“ heißt die „Show der goldenen 20er Jahre“, die im Dezember in der Hauptstadt, im sanierten Admiralspalast, Premiere hatte und nun im Stuttgarter Theaterhaus gastiert. Passend zu Jubiläum und Retrotrend ist die Revue eine Hommage an die Kulturszene der damals nach London und New York drittgrößten Stadt der Welt: Berlin war für seine Freizügigkeit berüchtigt.

Der kleine grüne Kaktus

Der Regisseur und Autor Christoph Biermeier, der vom Melchinger Lindenhof-Theater kommt und zuletzt Intendant der Festspiele in Schwäbisch Hall war, fährt die Klassiker auf, schwungvoll intoniert von den „Boys“ des Admiralsorchesters: „Let’s Misbehave“, „Minnie the Moucher“, „Ain’t Misbehaving“, „It Don’t Mean a Thing“, „Anything Goes“. Es stört nicht, dass manches aus anderen Dekaden stammt, etwa „Zu Asche, zu Staub“, das Titellied der Fernsehserie „Babylon Berlin“.

Im Admiralspalast treffen sich Menschen von Rang und Namen. Brecht und Weill feiern ihre Dreigroschenoper, Josephine Baker (Dominique Jackson begeistert) tanzt im Bananenröckchen, Marlene Dietrich ist von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt, die Comedian Harmonists bezirzen Veronika und loben den kleinen grünen Kaktus. Im Männeranzug sowie dem roten Kleid, in dem sie von Otto Dix gemalt wurde, reißt die koksende Anita Berber mit: Sophia Euskirchen gibt die Tänzerin rotzig und grandios singend, auch im Duett mit dem Admiral, den Martin Bermoser wunderbar unterspielt. Der starke Cast macht überzeichnete Dialoge und abgedroschene Witze à la „Kutte ist mein Name, wie Nutte, nur mit K“ wett. Auch wenn es am Ende, 1933, ernst wird: um Tiefe geht es „Berlin, Berlin“ nicht, sondern um gute Unterhaltung – und die ist garantiert.

Bis Sonntag, 23. Februar, im Theaterhaus.