Der aktuelle Lockdown trifft wie im Frühjahr Südwest-Betriebe aus etlichen Branchen, die wirtschaftliche Existenz vieler Unternehmen wackelt damit noch mehr. Sorgt das auch für einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen? Eher nicht, glaubt der Arbeitsagentur-Chef.

Stuttgart - Der baden-württembergische Regionalchef der Bundesagentur für Arbeit, Christian Rauch, geht trotz des jetzigen Lockdowns nicht von drastisch steigenden Arbeitslosenzahlen aus. „Ich erwarte kein dramatisches Ansteigen der Arbeitslosigkeit durch den aktuellen Lockdown. Es gibt Anzeichen dafür, dass besonders stark betroffene Branchen wie das Gastrogewerbe, der Handel oder auch Friseure wieder wie im Frühjahr ganz stark auf das Instrument Kurzarbeit setzen“, sagte Rauch der Deutschen Presse-Agentur.

 

Zwar werde die Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten saisonbedingt „schon wieder ein bisschen hochgehen – vielleicht durch den Lockdown auch stärker als in den Vorjahren“. Allerdings befürchte er nicht, dass die Marke von 300 000 Arbeitslosen in Baden-Württemberg in den kommenden Monaten gerissen werde, betonte Rauch.

Im September ging es aufwärts

Angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie waren die Arbeitslosenzahlen seit dem Frühjahr bis zum Sommer zunächst stets gestiegen - auf bis zu 294 396 Menschen Mitte August. Erst im September fiel die Zahl der Menschen ohne Job wieder, dieser Trend setzte sich dann auch in den Folgemonaten fort. Mitte November lag die Zahl der Arbeitslosen bei 266 888 Menschen - das ist der letztbekannte Stand.

Aus dieser Zahl waren allerdings noch nicht die kompletten Auswirkungen der Corona-Beschränkungen für den November herauszulesen. Damals mussten unter anderem viele Restaurants, Hotels und Kultureinrichtungen schließen. Seit Mitte Dezember gilt noch ein wesentlich härterer Lockdown, im Zuge dessen mussten beispielsweise auch stationäre Einzelhändler dichtmachen.

Große Firmen haben fast keine Kurzarbeit mehr

Rauch erwartet, dass die allermeisten Betriebe der besonders vom Lockdown betroffenen Branchen wieder auf die Kurzarbeit setzen, ihre Mitarbeiter also nicht entlassen. Der Arbeitsagentur-Chef geht von bis zu 600 000 Kurzarbeitern im Winter im Bundesland aus.

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Das seien zwar rund 200 000 mehr als im Sommer, als die Corona-Beschränkungen erheblich gelockert worden waren. Andererseits wären das immer noch deutlich weniger Kurzarbeiter als in der ersten Phase der Pandemie. „Wir hatten im Frühjahr in der Spitze knapp eine Million Menschen in Kurzarbeit, im Sommer ein paar Wochen später dann aber auch mal nur 400 000 Menschen“, sagte Rauch. „Das ist mehr als eine Halbierung, die am stärksten vom Automobilbereich getragen wurde.“ Seit Juni seien die großen Automobilhersteller und die großen Autozulieferer im Südwesten „fast komplett raus“ aus der Kurzarbeit, das habe sich ganz stark auf die Zahlen ausgewirkt.

Vieles hängt vom Autosektor ab

Trotz des neuerlichen Lockdowns habe er beim Autosektor die Hoffnung, dass die Lieferketten – anders als im Frühjahr – jetzt halten dürften und die Konzerne somit keine nennenswerte Zahl an Beschäftigten in die Kurzarbeit schicken müssten. „Das wäre schon mal ganz wichtig, wenn man bedenkt, dass der Autosektor für eine Vielzahl der Jobs in Baden-Württemberg steht. Wenn diese Branche stabil bleibt, werden wir bei der Kurzarbeit auf keinen Fall an die Rekordzahlen aus dem Frühjahr rankommen, sondern uns lockdownbedingt eher in Richtung 600 000 orientieren.“

Kurzarbeitergeld ist eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Wenn Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten wie in der jetzigen Krise kürzen müssen, soll dieses Sondergeld den Verdienstausfall der Mitarbeiter zum Teil ausgleichen und dazu beitragen, Entlassungen zu vermeiden.