Die Beschwerden von Flugreisenden bei der Schlichtungsstelle SÖP sind auf Rekordhöhe gestiegen. Meist lohnt sich die Mühe. Die Bearbeitung ist kostenlos, die Erfolgsquote hoch.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die Reisebranche hat schon bessere Jahre erlebt. Krisenländer wie die Türkei und Ägypten werden von Urlaubern gemieden, bei Airlines wie der Lufthansa, Air Berlin und Tuifly gab es Streiks und massenhaft Krankmeldungen des Personals. Die Folge: Zahlreiche Flüge fielen aus oder wurden verschoben. Zum Ärger der Reisenden, die sich immer häufiger wehren und auf Ausgleich bestehen. Wie kann man eine Entschädigung durchsetzen? Mit der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin gibt es mittlerweile für viele Streitfälle bei Flug-, Bahn-, Bus- und Schiffsreisen eine kostenlose außergerichtliche Anlaufstelle, die Betroffenen bei Ärger recht schnell zu ihrem Recht verhelfen kann. In diesem Jahr erwartet SÖP-Geschäftsführer Heinz Klewe rund 13 300 Beschwerden, das wäre gut 1600 mehr als 2015. Allein fast 10 000 Schlichtungsanträge betreffen Streit mit Airlines, eine Steigerung um fast 15 Prozent. Klewe rechnet für 2017 mit weiter steigenden Beschwerdezahlen.

 

Die SÖP ist per Post (Fasanenstr. 81, 10623 Berlin), per Telefon (030-644 9933-0), per Mail (kontakt@soep-online.de) oder im Internet (www.soep-online.de) zu erreichen. Auch im öffentlichen Nahverkehr (Bus, U-Bahn) ist die SÖP bereits in zwölf Bundesländern offizielle Anlaufstelle, darunter ab 1. Januar auch Baden-Württemberg. Die SÖP kann in vielen Streitfällen eine teure Klage vor Gericht ersparen.

Was kostet die Schlichtung bei der SÖP? Nur etwas Zeit. Die SÖP verlangt weder Bearbeitungsgebühren noch Erfolgshonorare. Die Arbeit der Schlichtungsstelle wird über Mitgliedsbeiträge von 350 Verkehrsunternehmen finanziert, die mitmachen. Die Unternehmen akzeptieren damit, dass viele Streitfälle durch die unabhängigen Schlichter entschieden werden.

Auch private Unternehmen wie EU-Claim, Fairplane oder Flightright bieten Reisenden an, erfolgversprechende Fälle durchfechten. Dafür werden aber bis zu 30 Prozent Erfolgshonorar fällig. Falls es kein Geld gibt, muss der Kunde – anders als beim Anwalt – auch nichts zahlen.

Wann gibt es Entschädigung? Das Reiserecht und besonders die Entschädigungsregeln sind eine recht komplizierte Materie. Generell gilt für die meisten Reisen: Bei längeren Verspätungen, Kofferverlust, Falschinformationen und schlechtem Service können unter bestimmten Bedingungen Ersatzansprüche geltend gemacht werden, die nach drei Jahren verjähren.

Bei Airlines regelt die EU-Verordnung 261/2004 bereits seit mehr als einem Jahrzehnt, dass Passagiere bei gestrichenen oder überbuchten Flügen den Ticketpreis zurück oder einen Ersatzflug verlangen können. Zudem gibt es in solchen Fällen als Ausgleich 250 Euro (Flüge bis 1500 Kilometer), 400 Euro (bis 3500 Kilometer) oder sogar 600 Euro (Langstrecken). Bei Flugplanstörungen wegen Naturkatastrophen, schlechten Wetters und Streiks müssen Airlines nicht zahlen, wenn sich solche Ursachen nachweisen lassen. Was gilt bei Zugreisen? Bei längerer Verspätung von Zugreisen gibt es einen Teil des Fahrpreises zurück, unabhängig von den Ursachen. In allen EU-Ländern müssen Bahnen bei Verspätungen von 60 bis 119 Minuten ein Viertel des Fahrpreises zurückzahlen, ab 120 Minuten mindestens die Hälfte. Im Gegensatz zu Airlines können sich Bahnen seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr auf höhere Gewalt berufen. Fahrgästen muss der Preis auch dann teils erstattet werden, wenn sich der Zug wegen schlechtem Wetter, Naturkatastrophen oder Streiks verspätet.

Anders als die meisten Airlines beteiligt sich die staatliche Deutsche Bahn AG seit vielen Jahren vorbildlich an der außergerichtlichen Schlichtungsstelle. Die Zahl der Beschwerden von Zugreisenden ist voriges Jahr um rund ein Sechstel auf noch 2164 Eingaben geschrumpft.

Was ist mit Fernbus und Schiffsreisen? Auch bei Ärger bei Bus- und Schiffsreisen kann man sich an die SÖP wenden. Die Beschwerdezahlen sind mit 529 noch relativ gering, aber 2016 um mehr als die Hälfte gestiegen. Als Grund nennen die Schlichter die wachsende Nachfrage bei Fernbussen.

Welche Anbieter bieten Schlichtung an? Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz regelt, dass ab Februar 2017 generell Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten auf ihren Webseiten und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen darüber informieren müssen, ob und an welcher Schlichtungsstelle sie teilnehmen. Wenn ein Streit nicht beilegt wird, müssen Kunden auf die Einigungsstelle hingewiesen werden.