Die Band Matu aus Fellbach lässt ihre gesamte bisherige Band-Biografie hinter sich und stellt am Freitag ihre erste EP "Bessere Tage" im Zwölfzehn vor. Die Platte ist funktionaler deutscher Pop für's Radio und hat Ohrwurm-Charakter.

Stuttgart - Am Kap Tormentoso weht nachmittags noch ein ruhiger Wind, als die Band Matu die Treppen herunterkommt. Sie sind zu dritt – eigentlich sind sie zu fünft, aber die beiden anderen sind schwer beschäftigt. Sie kommen gerade von einem bekannten Stuttgarter Musikmanager, dem sie ihre neue EP in die Hand gedrückt haben, weil er „die richtige Adresse“ für einen erfolgreichen Release sein könnte, sagt Mario Simic, der bandeigene Produzent, Sänger und Gitarrist.

 

Noch wird die neue und gleichzeitig erste EP in Eigenregie vermarktet und verkauft. Sie heißt „Bessere Tage“ und wird am Freitag im Zwölfzehn beim Releasekonzert uraufgeführt. Den Gig organisieren und veranstalten sie ebenfalls in Eigenproduktion. Die Karten sind fast ausverkauft.

Matu'sche Boyband-Reform

Matu machen „soliden deutschsprachigen Pop mit Ausrutschern“ und wollen „eine Boyband-Reform verkörpern“, beschreibt Thomas Brandt, der singende E-Gitarrist, den Sound der Band. Wie das mit der Boyband-Reform gemeint ist, ergänzt der ebenfalls singende Keyboarder Max Wernick: „Wir spielen alle live und singen zu dritt abwechselnd die Songs, die zu unserer Stimme am besten passen“, sagt der aus Fellbach stammende Kompositionsstudent. Ihren „mehrstimmigen Satzgesang“, wie sie ihn selbst bezeichnen und der hier zu hören ist, üben sie neben den Bandproben auch wöchentlich nur zu dritt. Oder es zieht sie ins gemütliche Zillertal, wo sie all ihren Songs den Feinschliff verleihen und öfter mal für ein Musikwochenende abhängen.

 

Lange nicht mehr gesehen!Wir proben schon fleißig für unsere Releaseparty im Februar 2016 und freuen uns 'n Ast euch unsere Platte zu präsentieren!MATU ❤️

Posted by MATU on Tuesday, December 8, 2015

Musikalisch bewegt sich Matu irgendwo zwischen Singer/Songwriter-Musik und Irish-Folk mit deutschen Texten. Die Intention hinter ihren Songs wirkt berechenbar, aber das hat diese Art von deutschem Pop eben an sich. Denn die Songs sind, im Falle des Erfolgs, fürs Radio gemacht und das hört man.

Das ist unter diesem Gesichtspunkt aber eher ein Kompliment an das Songwriting und das Arrangement. Melancholische Texte aus dem Lyrischen Ich, voyeuristische Misere-Beschreibungen über das Instagram-Mädel im Club oder die traurige Schnulzenballade – es ist alles dabei, was in den Charts funktionieren würde. Dessen sind sich die Jungs bewusst und sie wollen es jetzt nach Jahren im Vorstadt-Business endlich auf die großen Stadtbühnen schaffen.

Alles auf Reset

Dafür wurde sogar die gesamte Biographie der letzten Jahre Bandgeschichte im Internet bewusst offline gestellt, um mit der aktuellen EP einen Neustart zu schaffen. Keine Videos mehr von früher, keine Songs, die sie zuvor auf YouTube zu Lokalmatadoren machten und auch Nebenprojekte haben sie beinahe komplett eingestellt, um sich voll und ganz auf ihr Projekt konzentrieren zu können. Was bleibt ist der Name Matu. Bleibt abzuwarten, was draus wird.

Im Februar nimmt Matu das Video zu „Du Kämpfst“ auf, dem vierten Track auf der EP. Macher des Films sind die Jungs von „Underpier 27“ und „wirschneidengold“, Teil der Stuttgarter Agentur „wirscheissengold“ mit Sickless & Co (mehr dazu im Porträt).

Und nach dem Klick sagen wir, was von der neuen Matu-EP zu halten ist.

Die Matu-EP in der Einzelkritik

Wir haben die EP im Vorfeld angehört und unterziehen jeden Song der Einzelkritik:

„Intro“ + „Ganz Allein“ - ★★★★☆
Das einminütige Intro war eigentlich nur für den Live-Einsatz gedacht, doch die Jungs merkten wie gut es ankam und packten es als ersten Track einfach auf die EP mit drauf. Jedes Instrument baut sich langsam auf, um den zweiten Song „Ganz Allein“ einzuleiten, welcher mit einem Four-to-the-floor Beat und drei Akkorden auf dem Piano ganz gut auskommt. Er ist catchy, geht ins Ohr und ist eine tanzbare Nummer. Auch der Text spielt mit den Worten: Tanz und Club, also ist klar, wo es hingehen soll. Eins-A-Nummer für einen nächsten Til Schweiger- oder Matthias Schweighöfer-Film. 

„Morgenkaffee“ - ★★★☆☆
Thomas' Mutter spricht hier vom Song, der das Leben der Band beschreibt. Doch das Stereotyp des späten Aufstehens trifft wohl auf jede Band zu. Ein Lied über das gemütliche Leben, Wecker und Wetter unabhängig. Beginnt ruhig um dann im Refrain sehr folk-lastig und rhythmisch zu werden. Inklusive „dü-dü-dü-dü – da-da-da-da-dau – yeah“ zum mitsingen.

„Ich Bin Weg“ - ★★★☆☆
Hört sich so an, als ob „Ich Bin Weg“ direkt nach einem Cro oder Maeckes-Konzert geschrieben wurde. Ein bisschen Pöbeln im Text und Hip-Hop Beat plus Akustikgitarre – das kann der „Die Orsons“-Rapper leider besser. Dieser Track passt nicht ganz ins Konzept von Matu und hat eher weniger auf der EP zu suchen. Aber es gibt ja noch zwei weitere Songs.

„Du Kämpfst“ - ★★★★★
Das kurze Intro des Songs lässt erhoffen, dass hier mal etwas mehr Indiepop gespielt wird. Hört sich ein wenig skandinavisch verträumt an. Doch der Text gibt dann eher den Adel-Tawil-Charakter preis. Soll dem Song nichts absprechen, denn die Symbiose plus dem schnellen Tempo und dem Offbeat vor dem Refrain macht ihn zum Konzerthit. Das Thema des Klaviers hat Ohrwurmpotenzial - definitiv der stärkste Track auf der EP.

„Die Schönste Zeit“ - ★★★☆☆
Fraglich, wie die Version live auf die Bühne kommt. Streicher und Blasinstrumente im Hintergrund, wobei das Piano hier trotzdem noch die Hauptrolle spielt. Ein ruhiger Song über das Vermissen. Über drei Minuten ist das hier ganz klar eine Popschnulze mit Klavierbegleitung, doch plötzlich reißt der Gefühlsausbruch bei Sänger Thomas alle Instrumente mit in den letzten Refrain und der Song bekommt endlich seinen erwarteten vollen Ausdruck. Der Titel ist übrigens an Bosses Song „Schönste Zeit“ angelehnt. Vielleicht hat Thomas an ein Girl gedacht.

Mehr zum Pop in der Region Stuttgart gibt es bei kopfhoerer.fm - auch auf Facebook.