Die Betty Ford Boys alias Dexter, Suff Daddy und Brenk Sinatra haben ihr Album "Retox" veröffentlicht. Im Interview verraten sie, in welchem Stuttgarter Club sie ihr bislang bestes Konzert gespielt haben.

Stuttgart - Am vergangenen Freitag, 28. November sind zwei wichtige und auch völlig unterschiedliche (deutsche) HipHop-Alben des letzten Quartals erschienen.

 

Haftbefehl rollt mit „Russisch Roulette“ und brachialen Beats und seinem typischen eigenen Flow massiv durch die Straßen. Parallel legten die Betty Ford Boys ihr zweites Werk „Retox“ vor und setzen auf Sample-lastigen, verspielten instrumentalen HipHop, das Fahrgestell funky und wuchtig.

Früher nannte man das vielleicht noch TripHop, heute weiß der Kenner: das ist Beatmaker-Sound. Der Zusammenschluss aus den drei Produzenten Suff Daddy (Berlin), Brenk Sinatra (Wien) und Dexter (Stuttgart), jeder für sich ein renommierter Solokünstler, knüpft an die Tradition von DJ Shadow und DJ Krush an.

Martin Elbert hat dem Stuttgarter Dexter ein paar Fragen zum Betty-Ford-Boys-Land gestellt.

Der Begriff Supergroup fällt bei euch relativ oft. Musikhistorisch gilt Cream als die erste Supergroup. Wer von euch ist Eric Clapton, Bassist Jack Bruce und Schlagzeuger Ginger Baker?
Wahrscheinlich käme ich aufgrund der Statur und der Haarfarbe am ehesten Ginger Baker nahe. Wobei ich wohl eher selten so cholerische Anfälle habe, wie dieser Ginger hatte. Brenk ist ganz klar Jack Bruce und dann bleibt für Suff Daddy ja nur noch Eric Clapton übrig. Was ja nicht das schlechteste ist.

Städtereise: Die Platte wurde zwar gemeinsam in einem Fischerhaus aufgenommen, aber wie viel Berlin, Wien und Stuttgart steckt in Retox?
Ich glaube wir sind nicht so die Typen, die sich mit Städten so direkt identifizieren. Klar prägt einen die Stadt ein bisschen. Im Endeffekt erkennt man schon die Lockerheit Berlins in Suff Daddys Produktionen und man hört das morbide in Brenks Sachen, Wien ist ja bekanntermaßen eher morbider Natur. Ich könnte jetzt aber irgendwie keinen Stuttgart.Sound ausmachen. Aber das aktuelle Album haben wir ja zusammen in Bayern produziert. Also klingt unser Sound aktuell sehr bayerisch (lacht).



Ihr seid schon vor Albumrelease auf Tour gegangen und habt euch an schönen Städten und Landschaften erfreut. Wo war es jetzt am schönsten jetzt auf der Tour?
In München war die Stimmung mit am besten. Aber auch Nürnberg oder Dresden blieben in guter Erinnerung. Stuttgart war auf der Tour auch super. Allerdings hatten wir einen Auftritt vor knapp einem Jahr im Super Popular Sanchez. Da würde ich behaupten, das war das beste Betty Ford Boys Konzert ever bisher.

Oha! Hört man gerne. In einem Recapvideo rufst du sinngemäß und euphorisch ins Publikum: „So krass, wie ihr auf (nur) Beats abgeht!“ War das eine Momentaufnahme, die man nicht weiter interpretieren muss, oder bedeutet diese Freude darüber, wie ein Publikum mitgehen kann, dass man als Instrumental-Kombo im Club die Gäste öfters mal vor den Kopf stösst? „Ey wieso rappt da keiner?“ Schlechte Erfahrungen gemacht?
Eigentlich haben wir so gut wie nie schlechte Erfahrungen gemacht und einen Rapper vermisst da auch keiner, wobei ich ja hier und da schon mal einen kleinen Part rappe und die Jungs am Mic auch gut mithosten. Außerdem gibt es hier und da mal einen Remix inklusive Vocals.
Mit dieser Aussage wollte ich einfach nur das unterstreichen, dass es einfach nur ein unfassbar gutes Gefühl ist, "nur" mit seinen Beats soviel Anklang live zu finden. Die Leute sind da ja schon gut am durchdrehen. Man kann auch ganz nagelneue Sachen von der Festplatte, die man einen Tag vorher gemacht hat einfach mal vor Publikum ausprobieren und bekommt direkt von den Leuten Feedback. Das empfindet man dann einfach als gutes Gefühl.
Am Anfang war meine Angst, dass da diverse Hanswürste auf unseren Liveshows auf die Bühne wollen, weil die denken, dass es da ein Open Mic zum Freestylen gibt. Aber das ist dann zum Glück nicht passiert. Die wissen wohl, dass Open Mic Freestyle Hanswürste unsere natürlichen Feinde sind. (lacht)
 



Und denkt ihr selbst manchmal beim Produzieren, jetzt wäre ein Rapper doch ganz cool?
Eigentlich eher selten. Wir machen die Beats einfach fertig, bis sie für uns fertig erscheinen. Klar ergibt sich das dann manchmal, dass da jemand drüber rappt, aber wir produzieren selten daraufhin einen Rapper draufzuhaben.

Instrumental-Musik ist und bleibt eine Nische für Liebhaber. Wie kommt man, vielleicht aus Sicht mancher Hörer, auf die verrückte Idee, Musik ohne Gesang / Rap zu produzieren? Warum kickt euch das so?
So war das halt schon immer. Ich hab zwar auch immer bisschen gerappt, aber das Produzieren hat mir persönlich immer ein bisschen mehr Spaß gemacht. Verrückt finde ich das keinesfalls, ich bin quasi mit DJ Shadow und DJ Krush "groß geworden", das hat mir die meiste Inspiration gegeben. Dann kamen Dilla, Madlib und viele andere. Also diese instrumentale Form von Hip Hop war immer da und für uns alle drei immer die coolere Variante von HipHop.



Retox wird auch visuell stärker begleitet als der Vorgänger – zumindest deuten darauf die ersten zwei Clips hin. Gibt es eine Art Videokonzept? Wo führt das hin?
Gute Frage. So ganz genau wissen wir das nicht (lacht). Wir lassen uns da von dem Videomacher Timo Milbredt leiten, der uns meist vor vollendete Tatsachen stellt, mit denen wir dann eh d´accord sind. Könnte gut sein, dass es eine Videotriologie wird, aber was eben im dritten Teil passieren wird, wissen wir drei noch nicht - aber Timo weiß es. Das nenn ich professionell (lacht). Es werden aber noch ein, zwei andere Videos zum Album veröffentlicht, die davon abgekoppelt sind, und da ist noch ein ziemlich verrücktes dabei.

Zum Schluss noch ein Wort zum Alkohol, bisschen euer Ding, den Covers und Albumtiteln nach, oder?
Dexter: Also dieses "Trinkding" sollte aufgrund unseres Namens mit Anlehnung an die Betty Ford Clinic ja schon irgendwie Programm sein. Allerdings sind wir in der Realität mittlerweile sehr vernünftige Menschen. Vernünftige Trinker, die zumindest bei einem Anblick eines guten Gin Tonic meistens dabei sind.

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