Nachdem der Technische Ausschuss ein Projekt für bezahlbare Wohnungen in Rommelshausen abgelehnt hat, überstimmt der Gemeinderat die Entscheidung. Das hat gute Gründe.

Kernen - Zugegeben: Die Latte an Überschreitungen der vorgeschriebenen Bauvorgaben und sonstigen Befreiungen von Vorschriften ist lang. Allerdings ist das Bauprojekt der Kreisbau in der Beinsteiner Straße in Rommelshausen auch nicht irgendein privater Häuslesbau oder Investorenprojekt. Es ist Teil der Initiative des Landkreises, zusammen mit der Kreisbau bis zum Jahr 2026 im Rems-Murr-Kreis angesichts des akuten Mangels mindestens 500 neue bezahlbare Wohnungen zu schaffen.

 

Es geht um bezahlbaren Wohnraum

Eine Ausnahme ist kommunalpolitisch wiederum auch, dass Kernens Gemeinderat sich nochmals mit dem Projekt beschäftigt hat, das vom Technischen Ausschuss bereits und eigentlich endgültig bei Stimmenpatt abgelehnt worden war. Es gebe aber, sagte Bürgermeister Benedikt Paulowitsch in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, gleich verschiedene Gründe dafür, dieses Bauprojekt im Gemeinderat nochmals genauer zu erwägen.

Die Besonderheit bei den drei Mehrfamilienhäusern in Holzmodulbauweise: Eigentlich müssten sie hervorragend zu dem passen, was Kernen als Zukunftsprojekt einige hundert Meter weiter im IBA-Projekt Hangweide für die Internationale Bauausstellung 2027 plant. Bezahlbarer Wohnraum soll in den kompakten Bauten realisiert werden. Außerdem, so der Verweis des Bürgermeisters, spielten auch die beiden inklusiven Domizile für Wohngruppen der Diakonie Stetten eine wichtige Rolle für die Planungen andernorts in der Kommune. Innovative Ansätze für eine nicht mehr auf rein individuell genutzte Kraftfahrzeuge basierende Mobilitätsstrategie spielen zudem eine Rolle sowie die kompakte und energieeffiziente, modulare Holzbauweise.

Verwaltung: Überschreitungen gerechtfertigt

Gerade mit diesen modernen und klimaschonenden Bau- und Dämmungsnotwendigkeiten hätten, so Paulowitsch, auch einige der Überschreitungen der einst für die Bebauung in jenem Quartier vorgegebenen Baumaße zu tun. Beispielsweise sei die Deckenstärke zwischen den Stockwerken schlicht ein Mehrfaches dessen in herkömmlichen Bauten. Eine Größenordnung, die eine Überschreitung von rund 90 Zentimetern allemal erkläre und aus Sicht der Verwaltung auch rechtfertige.

Für das geplante Projekt muss außerdem eine Umspannstation abgebrochen werden, deren neuer Standort dann außerhalb der bisherigen Baufenster läge. Die Höhe der Baukörper sei städtebaulich vertretbar, argumentiert Kernens Verwaltung. Und bei den Baufenstern seien die geringfügigen Überschreitungen durch Terrassen und Balkone zulässig und tolerabel, ebenso wie die Befreiung von Bestimmungen für die Anlage eines Spielplatzes oder für Flächen für Fahrräder und Rollatoren.

Der Stellplatzbedarf verringert sich

Wie im TA spielten auch in der Debatte im Gemeinderat die Stellplatzzahlen die Hauptrolle. Für die drei Geschosswohnungsbauten wären nach bisherigem Maßstab und orientiert an den alten Stellplatzsatzungen 24 Stellplätze erforderlich. Durch die im Haus Nummer zwei geplanten Wohngruppen vermindert sich der Stellplatzbedarf nach Auffassung der Verwaltung. In der Planung werden 13 Stellplätze in der Tiefgarage und zwei oberirdisch nachgewiesen. Die restlichen neun Stellplätze sollen in Form von Carsharing-Stellplätzen neben der neuen Trafostation nachgewiesen werden. Hierbei entspricht rechnerisch ein Carsharingplatz drei herkömmlichen Stellplätzen. Gerade dies sei wichtig, so Benedikt Paulowitsch, zur altgewohnten Stellplatzdebatte: „Wir müssen andere Wege gehen.“

Die geltende Stellplatzsatzung sei zu beachten, konstatierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Wersch, weshalb seine Fraktion auch bei der Abstimmung im Gemeinderat gegen das Vorhaben votiere – er selbst werde sich enthalten. Auch in anderen Fraktionen hat es in Sachen bezahlbarer und klimaschonender Wohnraum an der Beinsteiner Straße am Ende uneinheitliche Voten gegeben. Im Gegensatz zum TA hat aber am Ende bei zwölf zu sieben Stimmen und zwei Enthaltungen doch eine deutliche Mehrheit für die Verwirklichung der Holzmodulbauten samt Carsharing votiert.