Das Desaster beim Bundesliga-Klassiker, die Champions-League-Rechte verloren, eine hohe Geldstrafe wegen Telefonterror: Sky muss zurzeit viel Häme einstecken. Noch reagiert der Bezahlsender gelassen. Aber 2020 wird es um die Existenz gehen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Unterföhring - So schnell kann es gehen. Nur einige Monate sind vergangen, seit Sky noch auf Wolke 7 schwebte. Ende 2018 hatte der Medienkonzern mit Sitz in Unterföhring in Bayern im Bieterverfahren gerade die aufstrebende Konkurrenz, den britischen Sport-Streamingdienst DAZN, in die Schranken gewiesen und sich die deutschen Fernsehrechte für die englische Premier League gesichert, eine der attraktivsten Fußballligen der Welt.

 

Trotz aller Bemühungen, mit hochklassigen Serien und Filmen neue Zielgruppen zu erschließen, bleibt Fußball die wichtigste Ware für den Bezahlsender – die Zukunft sah also sonnig aus. Doch nach dem Sommer kamen der Herbst und der Winter, und seither geht alles schief für das Unternehmen, dem die deutschen Fußballfans seit jeher in tiefer Hassliebe verbunden sind.

Die schwarze Serie für Sky begann im November mit dem Topspiel Bayern München gegen Borussia Dortmund, auf das viele Anhänger lange hin gefiebert hatten. Die Online-Übertragung geriet zum Desaster, wegen technischer Probleme konnten tausende Sky-Kunden das Spiel nicht sehen, obwohl sie für viel Geld ein entsprechendes Ticket gekauft hatten. Sky wurde mit Häme überschüttet, das Fußballmagazin 11Freunde kommentierte: „Beide Mannschaften können hier befreit aufspielen. Die fetteste Klatsche kassiert heute Sky.“

Verbraucher „in erheblicher Weise belästigt“

Im Dezember wurde der Himmel noch grauer, als Sky die Rechte für die Übertragung der Champions League verlor. Diese steht in ihrer Bedeutung für die allermeisten deutschen Zuschauer weit über der Premier League und wird künftig bei DAZN und Amazon zu sehen sein. Ende Dezember schließlich verhängte die Bundesnetzagentur gegen Sky Deutschland eine Geldstrafe in Höhe von 250.000 Euro. Sky habe das Verbot unerlaubter Telefonwerbung wiederholt missachtet „und Verbraucher teilweise in erheblicher Weise belästigt“, erklärte der Behördenchef Jochen Homann. Rund tausend Anzeigen hätten gegen Sky vorgelegen.

Das passt ins Bild. Als Fußballfan in Deutschland kommt man an Sky nicht vorbei, der Sender überträgt den Großteil aller Bundesligaspiele exklusiv, und das seit vielen Jahren. Bei vielen Nutzern allerdings ist Sky unbeliebt, und das hat einen handfesten Grund. In einem Punkt ähnelt der Sender notorisch erfolglosen Fußballvereinen wie dem VfB Stuttgart oder dem Hamburger SV. Egal, wer gerade die Verantwortung trägt und wer den Sender führt, ob früher die Kirch-Gruppe oder heute die amerikanische Comcast Corporation: Die Probleme bleiben immer die gleichen.

Der Kundenservice stand schon in der Kritik, als Sky noch Premiere hieß. Und technisch waren weder Premiere noch Sky jemals auf dem neusten Stand. Früher trieben der langsame Fernsehreceiver oder lange Vertragslaufzeiten die Kunden zur Weißglut. Heute ist es das Online-Angebot, das immer wichtiger und von Sky massiv beworben wird. Das Einloggen ist kompliziert und manchmal überhaupt nicht möglich. Der Buchungsvorgang ist kompliziert und manchmal überhaupt nicht möglich. Wegen unsinniger Restriktionen – auf dem Laptop muss man beispielsweise eine technisch unausgereifte Zusatzsoftware von Sky herunterladen – ist auch das Anschauen der Inhalte kompliziert und manchmal überhaupt nicht möglich.

Beim Bedienkomfort „nicht erstligareif“

Die Internetforen quellen über mit Beschwerden. „Ihr habt die hübscheste Sanduhr und die mieseste App aller Zeiten“, heißt es da. Oder: „Hatte einen Monat Sky-Ticket. Echter Schmutz. Der Player regelt die Qualität so stark runter, dass man nicht mal mehr den Ball erkennt.“ Oder: „Man zahlt gutes Geld für hundsmiserable Qualität.“ Oder: „Der schlechteste Service, den ich jemals bei einem Streaming-Anbieter erlebt habe.“ Das ist nur eine winzige Auswahl aus tausenden Kommentaren auf der Sky-Facebookseite, anderswo sind die Beleidigungen teils wesentlich deftiger und daher an dieser Stelle nicht zitierfähig. Die Anwendungen von Sky in den App-Stores von Google oder Apple werden miserabel bewertet. Auch die Stiftung Warentest kam nach einem Test unlängst zu dem Ergebnis: Das Bild ruckele deutlich häufiger als etwa bei DAZN und beim Bedienkomfort wirke Sky „nicht erstligareif“.

Dabei ist längst nicht alles schlecht. Sky hat für Fußballfans immer noch das breiteste Angebot. Die Moderatoren, Kommentatoren und Interviewer sind ständig im Einsatz und folglich wesentlich geübter und oft auch kompetenter als die Kollegen bei ARD und ZDF. Selbst Experten wie Lothar Matthäus machen bei Sky einen guten Job. Was dem Konzern allerdings Sorgen bereiten sollte: Als die Champions-League-Rechte an DAZN und Amazon gingen, jubelten manche Fans euphorischer als nach einem Tor ihres Lieblingsvereins. „Ich bin einfach nur dankbar dafür, dass Sky Schritt für Schritt den Bach runter geht“, hieß es bei Twitter. In einem anderen Tweet: „Jetzt noch mit der Bundesliga nachlegen und ich muss mir das verbuggte Sky-Ticket nie wieder antun!“ Das seien tolle News.

2020 muss Sky gegen DAZN gewinnen

Sky selbst scheint mit der Kritik gelassen umzugehen. Nach der Ursache der Probleme gefragt, antwortet das Unternehmen gegenüber unserer Redaktion mit einer Antwort aus dem Floskelkatalog. „Wir erhalten kontinuierlich ehrliches und konstruktives Feedback unserer Kunden“, erklärt der Sky-Pressesprecher Dirk Böhm. Dieses Feedback sei gleichermaßen Basis und Ansporn dafür, das Angebot ständig weiter zu verbessern. „Denn die Zufriedenheit unserer Kunden steht im Mittelpunkt unseres Handelns.“

Darüber hinaus verweist Böhm auf das neue Sport-Ticket, das Sky kürzlich auf den Markt gebracht hat. Zehn Euro kostet es für einen Monat und ist damit billiger als das Pendant bei DAZN, für das zwölf Euro fällig werden – für Sky eine kleine Revolution. Die Sache hat indes einen gewaltigen Haken: Live-Spiele aus der Bundesliga darf man damit nicht anschauen. Wer diese sehen will, und das sind viele, muss jetzt sogar mehr bezahlen als zuvor. Die Reaktionen der Nutzer waren absehbar: Wieder wird Sky mit Kritik überschüttet.

Bislang konnte der Konzern stets darauf vertrauen, im Besitz der besten Inhalte zu sein, für die man auch die höchsten Preise verlangen kann. Eine wirkliche Alternative gab es nicht. Mit dem Verlust der Champions-League sind diese Zeiten vorbei. In diesem Jahr wird die Deutsche Fußball Liga die Bundesliga-Medienrechte neu vergeben. Experten gehen davon aus, dass DAZN, vielleicht auch Amazon oder die Telekom, mit breiter Brust und entsprechend aggressiv in den Bieterkampf einsteigen werden. Für Sky ist ein Sieg diesmal überlebenswichtig, denn nur mit einem robusten Rechtepaket für die Bundesliga wird der Sender auch seine unzufriedenen Kunden weiter an sich binden können. Oder, wie es einer dieser Kunden ausdrückt: „Bundesliga weg – ich weg!“