Zwischenlager könnten Paketzustellungen in der Innenstadt einfacher machen, aber es bleiben Probleme. Exoskelette für die Zusteller werden sie wahrscheinlich nicht lösen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Nachdem Lars Mauch vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) von Paketzustellern gesprochen hatte, die Päckchen mithilfe von Exoskeletten effektiver befördern könnten, platzte dem SPD-Bezirksbeirat Heinrich Huth fast der Kragen: „Das kann es ja wohl nicht sein. Mich interessiert, wie die Arbeitsbedingungen für die Zusteller verbessert werden können.“ Tatsache ist: Beim Thema Lieferverkehr in der City sind kreative Lösungen gefragt. Darum hat die Wirtschaftsförderung Stuttgart das Fraunhofer IAO damit beauftragt, die Lage mit dem Pilotprojekt Logspace zu untersuchen – und zusammen mit den Zustelldiensten DHL und UPS zu erörtern, inwieweit Zwischenlager die Verkehr- und Luftbelastung vermindern können. Das Projekt haben die Wissenschaftler jetzt im Bezirksbeirat Mitte vorgestellt.

 

Prognosen sagen, dass 2021 vier Milliarden Pakete in Deutschland versendet werden. 2016 waren es noch drei Milliarden Päckchen – was zehn bis zwanzig Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens entspricht. Nicht selten sind schließlich Zustellfahrzeuge zu beobachten, die in der zweiten Reihe parken oder die Verkehrslage anderweitig verschärfen.

Lösungsansätze fassen die Forscher des Fraunhofer IAO unter dem Begriff alternative Zustellkonzepte zusammen. Abhilfe schaffen könnten Zwischendepots, auch Mikrohubs genannt, von denen aus die Pakete umweltschonend verteilt werden. „Mit Kleinfahrzeugen, Sackkarren, Drohnen“, erklärte Lars Mauch – oder eben dem gescholtenen Exoskelett.

Aktuell liegen die Paketdepots, deren Effizienz untersucht wird, an der Thouretstraße und der Kienestraße. „Wir sammeln jetzt sechs bis zwölf Monate Daten und betreiben Begleitforschung“, sagte Mauch. Die Daten werden mithilfe von GPS-Technologie gewonnen.

Soweit der theoretische Ansatz. In der Praxis zeichnen sich bei der Zwischenlagerung von Paketen aber auch Schwierigkeiten ab. „Die Flächen für Mikrohubs hier sind sehr begrenzt“, sagte Martin Armbruster von der Wirtschaftsförderung Stuttgart. Die Idee, Flächen in Innenstadtparkhäusern für Logistikdienstleister nutzbar zu machen, sei noch unausgegoren. Und auch die Wirtschaftlichkeit der Zwischenlager ist noch nicht wirklich untersucht.

Neben diesen Problemen sieht der Bezirksbeirat Mitte noch andere. „Wenn die Pakete mit Sackkarren befördert werden sollen, wie ist es dann um die Sicherheit der Lieferungen bestellt?“, fragte etwa die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Christoph Kilian Mayer von der CDU pflichtete ihr bei. Und Heinrich Huth von der SPD fragte weiter, warum der Feldversuch denn ausgerechnet innerhalb des Cityrings stattfinden müsse: Hier wohnten doch kaum Menschen, die Pakete empfangen könnten.

Bernd Bienzeisler vom Fraunhofer IAO will sich durch die offenen Fragen aber nicht entmutigen lassen. „Wir lassen hier einen Testballon steigen, die Stadt wird zum Reallabor“, sagte er. Der Markt der Postzusteller sei in Deutschland derart kostenorientiert, dass es wichtig ist, zu handeln. Befördert werde die Vorstellung, dass Lieferungen kostenlos sein müssten, vor allem durch Internetriesen wie Amazon: „Da heißt es schließlich bei fast allen Sendungen, dass sie portofrei seien.“

Wie sehr die Probleme drängen, zeigt auch die Diskussion um kommunale Abgaben, die für Lieferdienste erhoben werden könnten, um zumindest einen Teil des Lieferverkehrs aus den Innenstädten zu verbannen. Das hatte Bernhard Simon, Chef des Logistikkonzerns Dachser, in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ vorgeschlagen. Eine Gebühr sei ein vielversprechendes Werkzeug, den ohnehin schon knappen Parkraum in den Städten zu schützen.

Am Ende der Rechnung würden jedoch die Bürger zur Kasse gebeten: So könnte künftig die Belieferung von innerstädtischen Postleitzahl-Gebieten mehr kosten als andere. An die häufig prekären Arbeitsbedingungen der Postzusteller wurde bei diesem Modell aber auch nicht gedacht.