Am Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof über die Frage, ob die Mobilitäts-App ihren Kunden Rabatte von bis zu 50 Prozent gewähren darf. Der Mobilitätsanbieter will seine Marktposition ungeachtet des Urteils weiter ausbauen.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Die Autobranche befindet sich in einem radikalen Umbruch. Herausgefordert durch neue Wettbewerber und völlig neue Mobilitätsansprüche der Kunden müssen sich Hersteller wie der Stuttgarter Autobauer Daimler neue Geschäftsmodelle einfallen lassen. Dazu gehört auch die App Mytaxi, an der Daimler bisher die Mehrheit hielt. Künftig soll sie in einem Mobilitäts-Joint-Venture von Daimler und BMW aufgehen.

 

Doch aus der Branche schlägt dem Dienstleister Gegenwind entgegen. So wurde es Mytaxi 2016 gerichtlich untersagt, Kunden anzulocken, indem den Nutzern die Hälfte des Preises für eine Taxifahrt erlassen wird. Nun liegt der Fall beim Bundesgerichtshof und soll am heutigen Donnerstag verhandelt werden. „Wir kämpfen für diese Art von Aktionen, weil durch das Urteil von 2016 viele weitere Formen des Gutscheins verboten wurden“, sagt Alexander Mönch, Mytaxi-Chef für Deutschland und Österreich.

„Wir dürfen über unsere Servicecenter etwa keinen Kulanz-Gutschein mehr verschicken, wir dürfen großen Partnern an Ostern oder Weihnachten keine Gutscheine schenken, wir dürften keine neuen Kunden mit Fünf- oder Zehn-Euro-Gutscheinen werben.“ Seine Wettbewerber täten dies aber, so Mönch. „Ich finde diese Ungleichbehandlung nicht richtig“, so Mönch.

Die Fronten zwischen etablierten Zentralen und neuen Diensten sind verhärtet

Geklagt gegen die Rabattaktionen hatte ein genossenschaftlicher Zusammenschluss von Taxizentralen in Deutschland. „Wir stehen zu dem Festpreis, den das Taxigewerbe laut Gesetz anbieten muss“, sagte Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands (BZP) unserer Zeitung. „Wir haben ein großes Problem damit, dass jemand von außen mit erheblichen Geldmengen in den Markt kommt und sich den Markt kauft.“

Daimler habe Geld in die Rabattaktion gepumpt, so sein Vorwurf. Mytaxi war zuletzt zu 80 Prozent in Besitz des Stuttgarter Autobauers. Künftig teilen sich BMW und Daimler diesen Anteil.

Die Fronten zwischen den etablierten Taxizentralen und neuen Marktteilnehmern sind oft verhärtet. Der regulierte Taximarkt ist schwer in Bewegung zu bringen. Das jedoch ist das Vorhaben der neuen Bundesregierung: „Wir sind zu Gesprächen bereit“, sagt Grätz, „aber das Grundkonzept des Personenbeförderungsrechts steht für uns nicht zur Disposition: dass nämlich die drei Taxipflichten bestehen bleiben. Das sind die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht.“

Alexander Mönch will ungeachtet des Ausgangs dieser Gespräch oder des BGH-Prozesses die Marktposition von Mytaxi weiter ausbauen. Bislang ist der Dienstleister in elf europäischen Ländern aktiv und verfügt in Deutschland über einen Marktanteil von rund 40 Prozent.

Das Provisionsmodell von Mytaxi steht immer wieder in der Kritik

Für weiteres Wachstum setzt Mönch vor allem auf das Modell Mytaxi Match– dabei können sich fremde Menschen ein Taxi und auch den Fahrpreis teilen. „Wir haben mit Mytaxi Match im Dezember in Hamburg begonnen, im Mai folgt Berlin und wir führen Gespräche in München“, so Mönch. „In nächster Zeit sollen weitere Städte dazukommen wie beispielsweise Düsseldorf, Frankfurt, Köln oder auch Stuttgart.“ Für diese Städte gebe es aber noch keinen konkreten Plan.

„Wir können auf diese Weise eine andere Zielgruppe ins Taxigewerbe bringen“, so Mönch. „Nämlich eine sehr preissensible Kundschaft, die selten bis nie Taxi fährt, die es aber in Anspruch nimmt, wenn man sich die Rechnung teilt.“ Bei den Städten und Kommunen sei dieses Angebot sehr gefragt: Kammern, Behörden und Bürgermeister kämen auf ihn zu, um Möglichkeiten auszuloten, das Modell in ihren Städten zu implementieren.

Über die Mytaxi-App können Nutzer per Smartphone Taxifahrten bestellen und bezahlen. „Ein Kundenvorteil ist die Überregionalität“, so Mönch. „Wenn Geschäftsreisende in vielen Städten unterwegs sind, können sie überall die gleiche App nutzen – sie müssen sich nicht unterschiedliche Telefonnummern merken.“ Den größten Vorteil sähen die meisten Kunden aber im bargeldlosen Bezahlen, so der Manager.

Mytaxi verlangt pro Fahrt eine Provision von sieben Prozent. Kritiker werfen dem Dienstleister vor, dass auf diese Weise kaum noch Geld für die Fahrer übrig bleibe. „Wir haben uns die Kostenstrukturen aller Taxizentralen angeschaut – insbesondere für den deutschen Markt“, sagt Mönch. „In nahezu allen Fällen bieten wir den Fahrern mit unserer Provision von sieben Prozent bessere Konditionen.“ Bei den klassischen Taxizentralen gebe es eine Grundgebühr, für bargeldloses Zahlen werde oftmals noch eine Gebühr berechnet. „Bei Mytaxi zahlen die Fahrer zudem nur dann eine Provision, wenn sie auch wirklich fahren.“ Wenn ein Fahrer Urlaub machte oder krank sei, fielen keine Kosten an.