Im Werkhaus des BHZ in Feuerbach können Menschen mit Behinderungen kreativ arbeiten. Während der Fußball-WM dürfen die Fußballfans unter ihnen sogar ihre Leidenschaft einbringen.

Feuerbach - Wenn Nadim Sabet die Fußballmännchen bemalt, macht er das still und konzentriert. Die kleinen filigranen Nationalwappen malt er den zehn Zentimeter kleinen Holzfußballern auf die schmale Brust. Auch die Rückennummer darf nicht fehlen, schließlich soll der Betrachter später auch erkennen, wen er da in Händen hält. „Man braucht eine ruhige Hand“, sagt der 31-Jährige. Die hat nicht jeder der rund 40 Menschen, die in der Kreativwerkstatt des BHZ in Feuerbach arbeiten, doch eine passende Aufgabe findet sich hier für jeden.

 

„Wir machen Sachen aus Irgendwas“, sagt Jürgen Krist, Arbeitserzieher im Feuerbacher BHZ-Werkhaus an der Dornbirner Straße. „Was heute Upcycling genannt wird, haben wir schon immer gemacht“, fügt er hinzu und kann sich ein Schmunzeln über die moderne Bezeichnung für die Wiederverwertung von Abfallprodukten nicht verkneifen. Im Falle der Fußball-Männle sind es alte Obstkisten, die das Holz für die Figuren liefern. Als bunte Fantasiemännchen oder Weihnachtsmänner gibt es die Männle schon lange. Doch mit der anrückenden WM hatte Krist die Idee, die antretenden Fußballmannschaften zu kreieren. Fußball steht für ihn gegen Ausgrenzung. „Das Wir-Gefühl ist wichtig“, sagt Krist, der seit 13 Jahren im BHZ arbeitet. Deshalb sollten auch alle Nationen vertreten sein. Auch in der Werkstatt haben die Menschen unterschiedliche kulturelle Hintergründe.

Nadim Sabet etwa hat ägyptische Wurzeln. Sein ganzer Stolz ist daher ein Einzelstück: eine gut 30 Zentimeter große Figur des FC-Liverpool-Stars und ägyptischen Nationalspielers Mohammed Salah. Dem Spieler fehlt es noch an seinem üppigen Haupthaar, da müsse Sabet sich noch etwas einfallen lassen. Für die große Figur habe er etwas mehr Zeit benötigt. „Von den kleinen Fußball-Männle schaffe ich eine Mannschaft am Tag“, sagt er.

Einmal was für den VfB machen dürfen

Wer nicht wie Nadim Sabet feinmotorische Arbeit machen kann, für den findet Arbeitserzieher Krist dennoch eine Aufgabe in der Produktionskette. Die Obstkisten müssen schließlich zunächst auseinandergenommen, die benötigten Teile zurechtgesägt und geschliffen werden.

An einem Arbeitsplatz sitzt Mirsad Durakovic. Der 30-Jährige trägt wie Sabet einen blauen Kittel, nur hat er den Pinsel nicht in der Hand, sondern im Mund. Männchen für Männchen malt er die Grundfarbe auf die Holzkörper. Umdrehen muss sie ihm jedoch ein Kollege. Seit einem schweren Autounfall als Jugendlicher ist er halbseitig gelähmt und motorisch eingeschränkt. Die Arbeit in der Werkstatt macht ihm Spaß, als VfB-Fan mit Dauerkarte und Fußballfan im Allgemeinen in der WM-Zeit umso mehr. Sein Favorit Portugal hat es zwar nicht über das Achtelfinale hinaus gebracht, aber Fußball geschaut wird trotzdem.

Auch wenn es die Männle bereits an Verkaufsstellen wie dem i-Punkt an der Königstraße und auf Märkten oder Events gibt, so hofft Jürgen Krist, langfristig einen Vertrieb für die Produkte der Werkstatt aufzubauen. Neben den Männle, die – wenn nicht gerade Fußball-WM ist – im Winter dann im Weihnachtsmann-Kostüm daherkommen oder auch mal als Biene, stellen die Werkstatt-Mitarbeiter auch Einzelanfertigungen nach Wunsch her. So orderte laut Krist ein Politiker ein Schildkrötenhaus und das Kindertheater „Stuttgarter Strolche“ lässt seine Kulissen in Feuerbach herstellen. Ein ganz großer Wunsch von Krist und seiner Werkstatt-Mannschaft steht noch auf der Liste: Mal was für den VfB machen zu dürfen.