Der Schwabe Simon Schempp peilt trotz einer gerade überstandenen Bronchitis bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in Oslo eine Einzelmedaille an.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - In Uhingen bei Göppingen aufgewachsen zu sein und es zu einem der besten Biathleten der Welt zu bringen – das muss Simon Schempp erst mal einer nachmachen. Im Filstal spielen die Buben Handball oder Fußball, doch für den Vater Reiner Schempp als ehemaligem Landeskader-Biathleten stand solch eine Zukunft für den Sohn nicht zur Debatte. Also wird im Bundesstützpunkt Ruhpolding seit einigen Jahren nicht nur Bayerisch gesprochen, sondern auch ein herzhaftes Schwäbisch. „Spätzle mit Soß‘ ond a Floisch“, sagt Simon Schempp aus dem Filstal, dafür sei er jederzeit zu haben.

 

Am Donnerstag startet in Oslo die Biathlon-WM, und als topfavorisierter Medaillenkandidat und bester deutscher Starter geht der gebürtige Mutlanger in die Spur. Dass Schempp auch im Schießen zuweilen eine ruhige Hand besitzt, hat viel zu tun mit seinen Vorbildern. Vor allem der Geheimagent James Bond und der Schauspieler Nicolas Cage sind die knallharten Jungs, an denen sich der Biathlet orientiert. Doch nicht nur Ballermänner des Filmgeschäfts, auch die norwegische Biathlon-Ikone Ole Einar Björndalen steht bei dem Schwaben hoch im Kurs. „Der hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt“, sagt Schempp fast ehrfürchtig. Und auf dem Boden geblieben sei der Norweger trotzdem.

Ein enormes Potenzial

Auch Simon Schempp ist überwiegend ein geerdeter Bursche. Die Sau lässt er hin und wieder nur mal mit seinem Kumpel Arnd Peiffer raus, denn die beiden sind nicht nur die Frontfiguren der Nationalmannschaft, sondern auch die größten Spaßvögel. Allerdings wird Schempp in der Loipe dann zum Tier. Ohnehin bestreitet er eine bärenstarke Saison – wie schon im vergangenen Winter ist er mal wieder der Mann der Stunde. 27 Jahre ist er alt, aber so richtig angegriffen hatte der Baden-Württemberger erst vor eineinhalb Jahren. In der Saison 2014/2015 demonstrierte er mit fünf Weltcupsiegen im Einzel erstmals sein enormes Potenziel, und auch in dieser Saison verbucht er bereits vier Einzelerfolge, drei im Sprint, einen in der Verfolgung. Aber: es hätten vor den Weltmeisterschaften in Oslo durchaus mehr sein können. Das Pech war nur : Zweimal wurde er ziemlich übel krank, geplant war das nicht.

Über Neujahr setzte Schempp eine hartnäckige Erkältung matt – so fiel für ihn ausgerechnet der Heimweltcup in Ruhpolding flach. In dem Ort, vor dessen Toren der Bundesstützpunkt der Biathleten liegt, wohnt er auch. Zudem musste der Athlet zuletzt die USA-Reise wegen einer Bronchitis abbrechen – auch das hatte ihn genervt, doch was sollte er tun. Nun haben sie im deutschen Lager die leise Befürchtung, Schempp könnte wegen der krankheitsbedingten Unterbrechung bei der WM nicht die erhoffte Rolle spielen.

Schempp beruhigt die Gemüter

Doch der Biathlet beruhigt die Gemüter. „Ich will da nicht hinfahren, nur damit ich dabei bin, dass muss ich jetzt mal ganz klar sagen“, erklärt der Mann, der nach dem Abi zum Zollbeamten ausgebildet wurde, mit fester Stimme, er gibt sich kämpferisch wie eh und je. Obwohl er krank war, habe er wieder trainiert, und wenn am Ende die Form stimme, dann sei bei den Titelkämpfen auch einiges möglich für ihn, glaubt er.

Grund für diesen Optimismus liefert der Blick zurück, denn es zeigte sich, wie schnell der Schwabe wieder auf die Beine kommen kann. „Wenn man Januar hernimmt, in dem ich Jahr zehn Tage pausieren musste, bin ich relativ schnell wieder in Form gekommen und habe gute Ergebnisse erzielt“, sagt Schempp. Auch der Bundestrainer Mark Kirchner hofft, dass sein zurzeit bestes Pferd im Stall gemeinsam mit Laura Dahlmeier im Frauenteam die Medaillenträume der deutschen Equipe in Oslo erfüllen kann. „Man muss auch das Positive sehen: Er hat genügend regeneriert, um jetzt noch ein paar Trainingstage nutzen zu können“, sagt der Bundestrainer, das gleiche gelte auch für Peiffer, der sich zuletzt ebenso in den Krankenstand abgemeldet hatte. „ Beide sind voll einsatzfähig und für die WM fest eingeplant. Sie sind zu 100 Prozent gesund“, sagt der Coach.

Die Lieblingsdisziplin ist der Sprint

Schempp freut sich derweil auf den Sprint, seine Lieblingsdisziplin. „Man kommt sich da mit keinem anderen Läufer ins Gehege“, erklärt er, außerdem gewinne in diesem Wettbewerb tatsächlich der Beste, weil es kaum Windschattenläufe gebe. „Es kommt nur auf die eigene Leistung an, das hat für mich den größten Stellenwert“, betont der Sportler, der mal mit der Biathletin Miriam Gössner liiert war, der aktuellen Freundin von Felix Neureuther.

Aktuell steht für Simon Schempp nur eines fest: Staffelweltmeister ist er schon, jetzt soll es auch im Einzel klappen. Dem norwegischen König die Hand zu schütteln sei in Oslo allerdings „definitiv nicht das Hauptziel“ – denn da müssten im Zielraum schon ganz andere Kaliber um die Ecke kommen: etwa Nicolas Cage. Oder 007.