Klaus Sturm übernimmt in einer Zeit des Umbruchs das Amt des Generalsekretärs. Der neue Posten scheint ihm wie auf den Leib geschneidert.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)
Stuttgart - Dass die Mitarbeiter der in Möhringen beheimateten Deutschen Bibelgesellschaft Trost und Ermutigung gut gebrauchen können, daran ließ Johannes Friedrich am Freitag keinen Zweifel. Beim festlichen Gottesdienst zur Einführung des neuen Generalsekretärs Klaus Sturm rief der bayerische Landesbischof nämlich die schwierigen Zeiten für diese kirchliche Stiftung ins Gedächtnis. "Die wirtschaftliche Blüte ist vorbei", sagte der Vorsitzende der Bibelgesellschaft. Er erinnerte an den erfolgten Personalabbau sowie an die Aufgabe von Druckerei und Vertrieb. Zugleich machte der Theologe aber klar, dass die Zeit des Schrumpfens vorbei sei und Klaus Sturm die Zukunft sichern solle. "Wir haben in ihm den idealen Mann für die Umbruchszeit gefunden".

Tatsächlich werden die Erfahrungen, die Sturm auf seinem kirchlichen Karriereweg gesammelt hat, ihm die Arbeit erleichtern. Der Theologe wirkte einst als Seelsorger in London, spricht deshalb gut Englisch und kann so die Kontakte zu den internationalen Bibelgesellschaften leichter pflegen. Der gebürtige Stuttgarter, der Weltanschauungsbeauftragter der Landeskirche und persönlicher Referent des Bischofs war, stand auch an der Spitze des evangelischen Jugendwerks in Württemberg. Mit Leitungsaufgaben ist er also vertraut. "Ich starte schnell, bleibe aber nicht zu lange", sagt der Theologe und erklärt so, warum sein Berufsweg bisher reichlich Abwechslung bot.

Wie auf den Leib geschneidert


Der neue Posten, für den er bereits als theologischer Geschäftsführer der württembergischen Bibelgesellschaft geübt hat, scheint dem 51-Jährigen wie auf den Leib geschneidert. Hier kann er seine Leidenschaft für das Wort Gottes mit seiner Begeisterung für Sprache und der Liebe zu verschiedenen Bibelausgaben verbinden. "Ich finde meine Tätigkeit spannend", sagt der Pfarrer. Das ist kein Wunder, stammt er doch aus einem bibliophilen Haushalt. Sturm war bereits als Schüler in der Kirche aktiv und interessierte sich früh für verschiedene Ausgaben der Heiligen Schrift. Diesen Variantenreichtum zu pflegen ist auch eine der Hauptaufgaben der Bibelgesellschaft. Sie gibt das Buch der Bücher in den Ursprachen Griechisch, Hebräisch und im Lateinischen heraus, kümmert sich um Übersetzungen und verantwortet im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ihren "Bestseller": die Lutherbibel. "Allein im deutschsprachigen Raum bieten wir mehr als 800 Titel", sagt Sturm nicht ohne Stolz. Dazu gehören wissenschaftliche Ausgaben ebenso wie Hör-, Schmuck- oder Kinderbibeln.

Auf den Theologen warten freilich noch weitere Herausforderungen. Nicht nur, weil die Gesellschaft auch der Bibelmission - zum Teil in fernen Gebieten - dient und die Kenntnis sowie das Verständnis der Heiligen Schrift fördern will, sondern auch weil Sturm eifrig repräsentieren muss. Selbstverständlich wird er öfter zum Büro der United Bible Societies nach Großbritannien jetten und auch bei der Weltversammlung der Bibelgesellschaften in Seoul dabei sein. Seine Flugangst, die ihn zwölf Jahre lang nicht fliegen ließ, gilt es da hintanzustellen. Allerdings will er seinen Schwerpunkt in Deutschland setzen und hier die regionalen Bibelgesellschaften betreuen.

Daneben hat er die Deutsche Bibelgesellschaft gemeinsam mit dem kaufmännischen Geschäftsführer in ruhigeres Fahrwasser zu führen. "Ich versuche, den Heilungsprozess zu begleiten", sagt Sturm. Selbstverständlich schmerzt ihn, dass von den einstmals mehr als 150 Mitarbeitern heute nur noch rund 35 übrig sind. Zudem ist das Bibelmuseum gerade geschlossen, und die Wirtschaftskrise hat ihre Spuren hinterlassen. Sturm, der energisch und quick wirkt, ist aber überzeugt, dass es aufwärts geht. Das Bibelmuseum wird mit Unterstützung der Landeskirche wohl 2012 in der Stuttgarter City wieder eröffnen. Noch dazu blickt der verheiratete Theologe, der sich in seiner Freizeit mit Geschichte und Literatur beschäftigt, weit über den Stuttgarter Talkessel hinaus. Er möchte vor allem die kulturelle Bedeutung der Bibel allgemein mehr ins Bewusstsein rücken. Sturm betont: "Die Deutschen erkennen zu wenig, was sie an dieser Tradition haben."