Ein Mann hat im Juli 2015 den Gashahn aufgedreht und damit eine Explosion provoziert. Seit Montag muss sich der mutmaßliche Täter am Landgericht Heilbronn wegen versuchten Mordes verantworten.

Bietigheim-Bissingen - Polizisten mit Gewehren und 50 Feuerwehrleute, zum Teil mit Gasmasken, sind am 30. Juli des vorigen Jahres am Zedernweg in Bietigheim-Bissingen angerückt: Ein 56-Jähriger hatte den Gashahn aufgedreht und damit eine Explosion provoziert. Seit Montag muss sich der Mann am Landgericht Heilbronn wegen versuchten Mordes verantworten. Seine 42 Jahre alte Frau und eine 14 Jahre Tochter hatten sich noch rechtzeitig ins Freie retten können. Er selbst hatte Verbrennungen ersten und zweiten Grades erlitten. Das Haus war unbewohnbar.

 

„Ich raffe das alles nicht mehr, wahrscheinlich bin ich ja wirklich verrückt“, sagte der Angeklagte, der wegen mehrerer Schlaganfälle nur auf Justizbeamte gestützt den Saal betreten konnte. Aus Sicht des Psychiaters sei er wohl nicht verrückt, sagte Roland Kleinschroth, der Vorsitzende Richter der Schwurgerichtskammer.

Angeklagter verweigert die Aussage

Das Gericht sei darum sehr viel mehr daran interessiert, Aufschlüsse über seinen Alkoholkonsum und die körperlichen Gebrechen zu erhalten. Außerdem stehe die Frage im Raum, ob er suizidgefährdet gewesen sei. Der Mann hatte nach Aussage seiner zweiten Frau wenige Monate vor der Tat und schon einmal drei Jahre zuvor versucht, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Doch der Angeklagte, der seit Juli in Untersuchungshaft ist, verweigerte die Aussage. Er gestattete lediglich, dass der psychiatrische Gutachter etwas zur Biografie und die Persönlichkeit sagte.

Demnach war die Kindheit des Angeklagten problematisch, weil der Vater früh verstorben und die Mutter alkoholkrank war. Die Großmutter habe bei ihm die Mutterrolle übernommen. Als junger Mann machte er eine Elektrikerlehre und schaffte es über Abendschulen bis zur Fachhochschule, die er mit dem Abschluss Elektroingenieur verließ. Nach längerer Angestelltentätigkeit bei der Firma Thales machte er sich Anfang der neunziger Jahre selbstständig. Das Geschäft lief lange gut, die Krise kam etwa um das Jahr 2010. Damit wurde auch sein Alkoholkonsum problematisch. In der Ehe begann es zu kriseln. Ihr Mann habe sich immer abweisender verhalten, sagte die Frau. Er habe sie und die beiden heute 18 und 14 Jahre alten Kinder zwar nie geschlagen, aber mit Gegenständen um sich geworfen.

„Missbrauch der Polizei“

In Bezug auf eine zweite Anklage, wonach der Mann sie und ihre Tochter bereits im April 2015 bedroht haben soll, fing sich die Frau eine Rüge des Gerichts ein: Bei der Polizei hatte sie angegeben, er habe sie mit gezückter Waffe bedroht. Nun sagte sie, er sei so betrunken gewesen, dass sie ihm die in seiner Jacke versteckte Pistole habe abnehmen können. Zweifelsfrei aber habe der Angeklagte mehrmals gesagt: „Die Frau muss weg!“ Dennoch sei das „ein Missbrauch der Polizei“, sagte der Richter: Die Polizei war mit Hunden und einem Sondereinsatzkommando angerückt.

Auf die erste Version des Tathergangs im April hätten sich alle Angehörigen kurz vor dem Eintreffen der Polizei geeinigt, sagte die Frau. Und zwar auf Geheiß der beiden Töchter des Angeklagten aus erster Ehe. „Offenbar wollten sie, dass er in eine Therapieeinrichtung kommt“, sagte sie. Denn auch nach seinen Selbstmordversuchen sei er stets schon am nächsten Tag wieder nach Hause entlassen worden.

Am 30. Juli sei ihr Mann in den Keller gegangen und habe dort lautstark auf etwas eingeschlagen, sagte die Ehefrau. Wie sich später zeigte, hatte er einen Sicherheitsring an der Gasleitung geöffnet. Wenig später habe die Tochter Gasgeruch wahrgenommen, darum hätten sie noch kurz vor der Explosion das Haus verlassen. Das Verfahren wird am Freitag fortgesetzt.