Hartmut Mayerhoffer wird die Zweitliga-Handballer der SG BBM Bietigheim am Saisonende verlassen. Nur allzu gerne würde er seinen Abschied mit dem Aufstieg krönen. Im Interview sagt er, warum das noch ein hartes Stück Arbeit wird und was passieren müsste, damit sich der Verein in der Bundesliga etablieren kann.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Bietigheim-Bissingen - Die SG BBM Bietigheim kann ihre Ausgangsposition im Kampf um den Aufstieg in die Handball-Bundesliga der Männer mit einem Heimsieg gegen den ASV Hamm-Westfalen (Samstag, 19.30 Uhr/EgeTrans-Arena) weiter verbessern. Von einer Vorentscheidung will Trainer Hartmut Mayerhoffer aber noch nichts wissen.

 
Herr Mayerhoffer, Sie können mit einem Heimsieg gegen den ASV Hamm-Westfalen Ihren schärfsten Verfolger auf Aufstiegsplatz zwei auf sieben Punkte distanzieren. Wäre das nicht eine Vorentscheidung?
Nein. Das Spiel gegen Hamm kann ein wichtiger Schritt für uns bedeuten, von Vorentscheidung kann hier aber sicher nicht gesprochen werden.
Warum?
Es geht unglaublich eng zu in dieser zweiten Liga, die eine enorme Leistungsdichte aufweist. Durch die Doppelspieltage kann es ganz schnell gehen, dass die Tabelle durcheinandergewirbelt wird. Das ist das Interessante, aber auch das Gefährliche an dieser Liga.
Aber bei danach noch elf ausstehenden Spielen ist es doch ein gewaltiger Unterschied, ob Sie mit Ihrem Team sieben Punkte Vorsprung auf Hamm hätten oder eben nur drei.
Natürlich wäre es ein Vorteil, wenn wir Hamm schlagen würden. Aber es liegen doch auch andere Teams auf der Lauer, die Chancen auf Platz zwei haben. Der VfL Lübeck-Schwartau ist punktgleich mit Hamm. Coburg, Rimpar und Nordhorn rangieren dicht dahinter.
Nordhorn hat schon neun Punkte weniger als die SG BBM.
Wir sind ja auch froh über unser Polster, das wir uns hart erarbeitet haben. Damit hätte vor der Saison kein Mensch gerechnet. Aber unser Restprogramm hat es in sich: Wir müssen auswärts ran in Nordhorn, Aue, Rimpar, bei Spitzenreiter Bergischer HC, beim VfL Lübeck-Schwartau, und auch das Derby daheim gegen den HBW Balingen-Weilstetten am letzten Spieltag am 2. Juni wird bestimmt kein Spaziergang.
Vergangenes Jahr hat die SG BBM sechs Spieltage vor Schluss ein Vier-Punkte-Polster verspielt. Liegt auch darin die aktuell große Zurückhaltung begründet?
Nein. Es ergibt einfach keinen Sinn jetzt daran zu denken, was in drei Monaten ist. Es hört sich vielleicht abgedroschen an, aber es ist so: Jeder Gegner in dieser Liga macht es einem schwer. Wir haben das erst am vergangenen Sonntag wieder gemerkt. Unser 29:25 beim Vorletzten in Hildesheim war ein ganz hartes Stück Arbeit.
Ihr Abschied am Saisonende steht schon lange fest. Sie könnten sich selbst ein riesiges Abschiedsgeschenk mit dem Aufstieg machen. Und im Gegensatz zum Vorjahr müssen Sie sich nicht damit beschäftigen, ob Sie bei einem Sprung nach oben auch eine konkurrenzfähige Bundesligamannschaft zusammen bekommen. Ist das nicht ein Vorteil?
Nein, gar nicht. Für mich und meine Arbeit spielt das keine Rolle. Ich bin bis zum letzten Spieltag hier Trainer und gebe mein Bestes.
Und bei der komfortablen Ausgangsposition erwartet jetzt jeder den Aufstieg.
Diese plötzliche, riesige Erwartungshaltung ist schon erstaunlich. Unser Ziel vor der Runde war ein einstelliger Tabellenplatz. Seit der EM-Pause ist uns in Gerdas Babarskas noch unser bester Feldtorschütze verletzungsbedingt weggebrochen. Auch unter diesem Aspekt spielen wir eine überragende Runde. Die Jungs zeigen begeisternden Handball. Was sie abliefern, ist fantastisch.
Also wird aus den vorhandenen Möglichkeiten das Optimale herausgeholt?
Ich denke, das können wir bei aller Bescheidenheit von uns behaupten.
Beim ersten Aufstieg 2014 ging es mit nur sechs Siegen in 36 Spielen und zehn Punkten Rückstand auf den Vorletzten sofort wieder zurück in die zweite Liga. Auch wenn es nicht mehr Ihre Baustelle wäre: Hätte die SG BBM diesmal in der Bundesliga eine Chance?
Grundsätzlich ist es für jeden Aufsteiger enorm schwer, drin zu bleiben. Das zeigten die Beispiele von Clubs, die viel bessere Möglichkeiten haben als Bietigheim, wie etwa auch der TVB Stuttgart. Vor vier Jahren sind wir das Abenteuer Bundesliga etwas blauäugig angegangen. Von diesen Erfahrungswerten kann der Verein sicher profitieren.
Der Unterschied zur ersten Liga ist gewaltig.
Klar. Vor allem, wenn es um die finanziellen und strukturellen Voraussetzungen geht.
Was wäre in Bietigheim denn möglich, wenn Olymp-Seniorchef Eberhard Bezner für den Männer-Handball ein genauso großes Herz hätte wie für die Frauen der SG BBM?
Zunächst möchte ich vorausschicken, dass es für mich absolut keinen Neidfaktor gibt. Herr Bezner hat sich entschieden, die Priorität im Frauenteam zu setzen. Das ist zu akzeptieren.
Aber...
...wenn man den nächsten Schritt machen will und der ganz große Wurf für den Männerhandball in Bietigheim gelingen soll, dann geht das nicht, ohne die Kräfte zu bündeln.
Mit dem großen Wurf meinen Sie was?
Die Etablierung in der Männer-Bundesliga. Und die ist ohne ein bestimmtes Budget einfach nicht möglich.
Diese Perspektive sehen Sie nicht – und deshalb gehen Sie am Saisonende?
Die Möglichkeiten sind stand jetzt eingeschränkt, aber entscheidend war, dass ich nach fünf Jahren eine Luftveränderung wollte. Fünf Jahre sind eine lange Zeit.
Ihren Lebensmittelpunkt haben Sie in Augsburg. Wohin geht die Reise für Sie im sportlichen Bereich?
Momentan gilt meine vollste Aufmerksamkeit dem Team und den kommenden wichtigen Aufgaben. Wohin die Reise geht wird man sehen.
Beim TVB Stuttgart wird Geschäftsführer Jürgen Schweikardt kaum als Trainer weitermachen. Gibt es Kontakte?
Dazu möchte ich mich nicht äußern.