Kommunen, die sich ein Freibad leisten, zahlen drauf – das ist schon in normalen Jahren so. Der Mehraufwand beim Personal und die Besucherbeschränkungen sorgen nun dafür, dass das Defizit bei vielen Bädern noch anwächst.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Kreis Ludwigsburg - Hätten die Freibäder in diesem Sommer unbegrenzt viele Gäste empfangen dürfen, es wäre für einige vielleicht ein Rekordjahr geworden. Das Wetter spielte jedenfalls mit. Aus den Besucherrekorden wurde wegen der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Zugangsbeschränkungen aber nichts. Dass sie in diesem Sommer mit weniger Gästen und höherem Personalaufwand noch größere Verluste einfahren als sonst, war den Bäderbetreibern klar. Dementsprechend wurde sorgfältig abgewogen, ob es sich lohnt. Am Ende entschied sich lediglich der Zweckverband, der das Bad in Oberstenfeld betreibt, gegen eine Öffnung.

 

Die Bilanzen

Diejenigen Freibäder die geöffnet haben, haben es nicht bereut – auch wegen der positiven Reaktionen. Hobbysportler und Vereinsmitglieder freuten sich darüber, dass sie ihrer Leidenschaft nachgehen konnten, Familien genossen etwas Abkühlung und einen Mini-Urlaub. Bei schönem Wetter waren die Bäder im Kreis voll. Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) zählten im Bad in Hoheneck bislang etwas mehr als 34 000 Gäste. Zum Vergleich: Im Vorjahr kamen rund 92 000 Sonnenhungrige und Sportler. Weil die Stadtwerke die Saison bis Ende September verlängert haben, können sie noch nicht genau beziffern, wie viel größer das Minus wird. Im vergangenen Jahr machte das Bad pro Gast acht Euro Verlust.

Die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen und die Stadt Asperg haben zumindest schon grob überschlagen. Im Badepark Ellental rechnet man mit zusätzlichen Verlusten von etwa 300 000 Euro. Kein Wunder, im vergangenen Jahr kamen noch 185 000 Badegäste, in diesem Jahr werden es am Saisonende voraussichtlich um die 63 000 sein. „Positiv überrascht“, ist Aspergs Bürgermeister Christian Eiberger. Das Defizit dürfte am Ende zwischen 590 000 und 630 000 Euro liegen – und würde damit im besten Fall nur 40 000 Euro mehr betragen als im vergangenen Sommer. Die Asperger hatten die Saison zunächst komplett abgesagt und dann als letztes Bad im Kreis Anfang Juli doch noch geöffnet. Dementsprechend fällt die Bilanz aus. Im Pandemie-Sommer kamen gerade einmal 35 000 Besucher. Das entspricht nur einem Viertel der zahlenden Gäste aus dem Vorjahr (144 000). Dass sich das nicht so sehr auf die Finanzen auswirkt, begründet Eiberger auch damit, dass man einen Zweischichtbetrieb gefahren hat. Zuletzt durften bis zu 1500 Gäste am Tag in das Bad. Außerdem hat jeder Besucher für jeden Besuch gezahlt.“ So gesehen habe es sich sogar rentiert, dass man keine Dauerkarten verkauft habe.

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Große Einbrüche verzeichnet auch das Wellarium in Steinheim. Die Besucherzahl sinkt von rund 188 000 auf voraussichtlich 61 000 bis 64 000. Bürgermeister Thomas Winterhalter sagt dennoch: „Die Öffnung hat das Defizit nicht vergrößert. Wir konnten die laufenden Kosten decken.“ Gespart hat der Zweckverband – Steinheim betreibt das Bad gemeinsam mit der Gemeinde Murr – unter anderem dadurch, dass für die zusätzlichen Aufgaben kein extra Personal eingestellt wurde. Wie hoch das Defizit für die beiden Kommunen am Ende ausfällt, verrät Winterhalter nicht. Er geht davon aus, dass er höher als in normalen Jahren sein wird – auch weil die Umkleiden saniert wurden.

Auf etwa die Hälfte der Besucher im Vergleich zum Vorjahr kommt das Bad in Vaihingen/Enz. Betriebsleiter Florian Wurst schätzt, dass es am Ende zwischen 29 000 und 31 000 Gäste sein werden. Ins Mineralfreibad nach Bönnigheim kamen 35 000 Gäste (2019: 141 300). Dort ist die Saison bereits zu Ende.

Das Saisonende

An diesem Sonntag haben die Bäder in Asperg, Bietigheim und Besigheim zum letzten Mal in diesem Jahr geöffnet. Im Wellarium in Steinheim geht die Saison bis zum 20. September. In Ludwigsburg haben die Verantwortlichen entschieden, über das Ende der Sommerferien hinaus zu verlängern. „Es wir einen fließenden Übergang mit dem am 1. Oktober startenden Betrieb im Stadionbad geben“, sagt SWLB-Sprecherin Astrid Schulte. Als Letztes wird das Bad in Vaihingen in den Winterschlaf versetzt. Hartgesottene können dort bis zum 4. Oktober baden. Anschließend müssen aber auch sie ins Hallenbad wechseln.

Schwimmverein hat Forderung

Den Schwimmverein Ludwigsburg treibt die Sorge um, dass bei steigenden Infektionszahlen die Hallenbäder im Herbst vielleicht gar nicht öffnen. Die Sportler würden dann im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen sitzen. Deshalb regt der Klub an, zu überprüfen, ob das Hohenecker Bad noch länger offen bleiben kann als vorgesehen – womöglich den ganzen Winter über. Vorstand Matthias Nagel argumentiert, dass der Betreiber Geld spare, wenn das Stadionbad geschlossen bleibe. Und der SVL verweist auf das Beispiel Winnenden: Das Wunnebad ziehe in der kalten Jahreszeit Schwimmer aus der ganzen Region an.

Pandemie beschleunigt Neuerungen

Die Konzepte, mit denen die Besucher geschützt werden sollten und die in allen Bädern ähnlich aussahen, haben funktioniert. Da sind sich die Betreiber einig. Sie loben unisono die Disziplin der Freibadgänger. Deshalb wurde in eigentlich allen Bädern die maximale Besucherzahl auch nach und nach erhöht. Bei der Digitalisierung hat die Pandemie auch einiges beschleunigt. Elektronische Ticketsysteme waren in Ludwigsburg und Vaihingen geplant, jetzt wurden sie gezwungenermaßen früher eingeführt. Alle Bäder wollen die Möglichkeit, online Eintrittskarten zu kaufen, auch in der nächsten Saison anbieten. Die Stadtwerke Bietigheim nutzen das System nun auch für ihr Hallenbad und die Eisbahn in der EgeTrans-Arena.

Und noch etwas bleibt in Bietigheim erhalten: In diesem Sommer waren die Bahnen im großen Becken mit Leinen getrennt, um die Schwimmer auf Abstand zu halten. „Wir haben viel Lob dafür bekommen, dass wir die Bahnen in unterschiedliche Schwimmgeschwindigkeiten eingeteilt haben und sich die Leute nicht so in die Quere kamen“, so Thilo Dittmann.