Der Oberkochener Technologiekonzen Carl Zeiss blickt mit Sorge auf die maue Konkjunktur in Schwellenländern und zunehmende geopolitische Spannungen. Dazu kommen Probleme mit einer neuen Technologie.

Stuttgart - Der Oberkochener Technologiekonzern Carl Zeiss bewegt sich mit einem Teil seines Geschäfts auf schwierigem Terrain: Die Konjunktur von Halbleitern und Maschinen zu deren Herstellung ist extrem zyklisch, und gerade läuft das Geschäft, in dem Zeiss ein Fünftel seiner Umsätze erlöst, nicht besonders erfreulich: Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/15 hat das Stiftungsunternehmen in diesem Bereich 893 Millionen Euro und damit 15 Prozent weniger als im Vorjahr erlöst. Ein Aufschwung ist bislang nicht in Sicht.

 

Zugleich verzögert sich aber bereits im dritten Jahr die Serienreife einer neuen Technologie zur Herstellung von Halbleitern. Gemeinsam mit dem Ditzinger Laserexperten Trumpf und dem niederländischen Ausrüster von Chipfabriken ASML entwickelt Zeiss eine neue Technologie, mit der sich Halbleiter künftig noch enger bedrucken lassen, so dass sie an Größe verlieren und an Leistung gewinnen. Die Technologie nennt sich Extreme Ultraviolet Lithography (EUV) und sollte eigentlich schon 2014 einsatzbereit sein. Doch der Prozess, mit dem mittels eines Hochleistungslasers ultraviolettes Licht zum Belichten der Wafer erzeugt wird, ist offenbar erheblich schwerer in Griff zu kriegen als gehofft.

Das Konsortium aus Zeiss, ASML und Trumpf sei weltweit das einzige, das in diesem Bereich unterwegs sei, betonte Zeiss-Vorstandschef Michael Kaschke gestern bei der Erläuterung der Bilanz, insofern gehe es nicht darum, dass andere Zeiss & Co. einholen könnten, sondern vielmehr um die Realisierung von Investitionen. Bisher habe Zeiss fast eine halbe Milliarde Euro in die EUV-Lithographie gesteckt. Zudem signalisierten die Chiphersteller ihm, dass sie die Technologie dringend für die nächste Chipgeneration brauchten. Immerhin sind in der Industrie schon erste Prototypen im Einsatz, was Zeiss Umsätze im dreistelligen Millionenbereich beschert hat. Der Großserienanlauf ist aber auch für 2016 nicht in Sicht, räumte Kaschke ein.

Mehr Forschungserfolg hat das Unternehmen in seinem Bereich Vision Care/Consumer Optics, zu dem beispielsweise die Fertigung von Brillengläsern, Kameraobjektiven und Ferngläsern gehören. Die Sparte, in der Zeiss gut eine Milliarde Euro erlöst, trage einen wesentlichen Beitrag zur Bekanntheit der Marke bei, betonte Kaschke. Neues Flaggschiff sind hier so genannte Drive-safe-Gläser, die das Autofahren bei Nacht erleichtern, zugleich aber alltagstauglich sein sollen. So tragen die Gläser beispielsweise eine entspiegelnde Schicht, die einen Teil des blendenden Blaulichts zurückwirft, mit dem Xenon- und LED-Scheinwerfer entgegenkommende Fahrer blenden. Die Gläser seien seit August bestellbar und stießen bisher auf eine sehr gute Resonanz, so Kaschke.

Für das abgelaufene Geschäftsjahr fand Kaschke vor allem Wettermetaphern: Während Zeiss auf dem Halbleitermarkt mit Gegenwind zu kämpfen gehabt habe, hätte man sich gleichzeitig über Rückenwind durch positive Währungseffekte freuen können: Deren Umsatzhöhe bezifferte Finanzchef Thomas Spitzenpfeil auf 245 Millionen Euro. Zeiss erlöst knapp 90 Prozent seiner Umsätze im Ausland. Entschärft hat der Konzern sein Problem mit Pensionsrückstellungen: Gemeinsam mit dem Betriebsrat habe man sich darauf geeinigt, die bisher auf einer festen Verzinsung basierenden Renten auf eine variable Verzinsung umzustellen und gleichzeitig die Höhe der jährlichen Rentenbausteine an den Unternehmenserfolg zu koppeln. Dies beschere Zeiss „etwa 100 Millionen Euro mehr Bilanzspielraum“, so Spitzenpfeil.

Auch für das gerade begonnene Geschäftsjahr stellt sich Zeiss auf eher schlechte Wetterbedingungen ein. Sorge bereiten dem Konzern neben dem wohl weiterhin schlechten Halbleitergeschäft vor allem die sinkende Wachstumsdynamik in den Schwellenländern sowie die – nicht zuletzt in den vergangenen Wochen – zunehmenden geopolitischen Spannungen, so Kaschke. Deshalb rechne man bei Zeiss auch nur mit einem leichten Umsatzplus sowie einer leicht gesteigerten Rendite. Chancen sehe er vor allem in den Bereichen Industrietechnologie (Stichwort: Industrie 4.0) und Medizintechnik. Zukäufe wären dabei kein Problem: Die Firmenkasse ist mit 374 Millionen Euro mehr als gut gefüllt.