Das Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld abgeschafft, genehmigte Anträge werden aber erfüllt. Im Land erhalten noch 90 000 Kinder Betreuungsgeld – nur in zwei Bundesländern sind es mehr.

Stuttgart - Das Betreuungsgeld ist ein Auslaufmodell, aber Ende vergangenen Jahres haben in Baden-Württemberg noch mehr als 90 000 Kinder diese Leistung erhalten. In ganz Deutschland waren es 441 000 Kinder.

 

Das Betreuungsgeld war 2012 eine Erfindung der damals noch schwarz-gelben Bundesregierung. Vor allem auf Druck der bayerischen CSU wurde es eingeführt. Von August 2013 an konnten Eltern das Betreuungsgeld für Kinder beantragen, wenn diese nicht in frühkindlicher Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege untergebracht waren. Im ersten Jahr waren das jeden Monat 100 Euro, von August 2014 an sogar 150 Euro. Anspruchsberechtigt waren Kinder vom 15. bis maximal zum 36. Lebensmonat. Pro Kind standen somit maximal 22 Monate Betreuungsgeld in Aussicht. Dieses sollte sich anschließen an das Elterngeld, das bis zu 14 Monate gewährt wird.

Südwesten hat hohen Anteil

Am 21. Juli 2015 kassierte das Bundesverfassungsgericht auf Antrag Hamburgs das Betreuungsgeld. Es sei verfassungswidrig, der Bund sei für diese Leistungsgewährung gar nicht zuständig. Bis dahin bewilligte Anträge werden wegen des Vertrauensschutzes weiter erfüllt. Neue Anträge werden seither aber nicht mehr genehmigt. Seither sinkt also die Zahl der Bezieher von Betreuungsgeld.

Der Höchststand wurde im dritten Quartal des vorigen Jahres erreicht. Bundesweit 570 600 Kinder kamen in den Genuss des Betreuungsgelds – mussten dafür freilich auf den Besuch einer Kindertagesstätte verzichten. Allein in Bayern waren das 127 000 Kinder. Aber auch Baden-Württemberg hat einen hohen Anteil von Betreuungsgeldbeziehern. 110 000 waren es im dritten Quartal 2015. Zum Jahresbeginn 2015 waren es erst 77 000. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. Die gut 90 000 Bezieher ausgangs des vergangenen Jahres im Land bedeuteten eine Quote von 20,5 Prozent aller Betreuungsgeldempfänger. Bayern steht für einen Anteil von 23,1 Prozent. Das ungleich bevölkerungsreichere Nordrhein-Westfalen stellte 21,7 Prozent der Bezieher. Diese drei Länder beherbergten somit fast zwei Drittel aller Empfänger von Betreuungsgeld. In den neuen Ländern hat die Kita eine größere Bedeutung, dort – einschließlich Berlins – waren lediglich 22 500 Empfänger von Betreuungsgeld angesiedelt.

Programm für Nichtdeutsche

In Baden-Württemberg kam in den meisten Fällen (46,7 Prozent) das erste Kind einer Familie in den Genuss des Betreuungsgeldes. In 35 Prozent war es das zweite Kind, in 13,1 Prozent der Fälle das dritte, in 5,1 Prozent das vierte.

Im Südwesten nutzten überproportional viele ausländische Familien das Angebot. 23,3 Prozent der Empfänger von Betreuungsgeld waren Ende des Jahres keine deutschen Staatsbürger. Im Bundesdurchschnitt waren das lediglich 19 Prozent, in Bayern nur 17,9 Prozent. Die meisten Kinder beziehen tatsächlich 22 Monate Betreuungsgeld. Die Eltern sind meist zwischen 30 und 35 Jahre alt und verheiratet.