Der SAP-Mitbegründer Hasso Plattner wird am Dienstag genau an dem Tag 70, an dem die Jahreszahlen für 2013 präsentiert werden. Der Unternehmenschef Bill McDermott muss hoffen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende in die Firma, die im Umbruch hin zum Cloud-Geschäft steckt, nicht zu viel Ungeduld hineinträgt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Ein Ständchen wird dem SAP-Mitgründer Hasso Plattner auf der heutigen Bilanzpressekonferenz des Walldorfer Softwarekonzerns zu seinem 70. Geburtstag wohl nicht gesungen. Der künftig allein amtierende SAP-Chef Bill McDermott, für den es die letzte Präsentation einer Jahresbilanz zusammen mit seinem Mitte des Jahres in den Aufsichtsrat rückenden Co-Chef Jim Hageman Snabe sein wird, dürfte kein Interesse daran haben, Plattner zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Die Zahlen sind gut, wenn man SAP mit anderen deutschen Firmen misst. Kein anderes Unternehmen im Aktienindex Dax verdient so viel. Doch in der IT-Branche gelten andere Gesetze. Ein Sparprogramm gab es 2013 trotzdem. Für 2020 ist eine Marge von 35 Prozent im Visier.

 

Einer, der hier am ungeduldigsten auftritt, ist der Firmenpatriarch Plattner. Als Aufsichtsratschef hat er zwar keinen direkten Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen. Er hat aber in den vergangenen Monaten dennoch die Stimmung vor allem in der deutschen SAP-Zentrale getrübt. In polemischen E-Mails hat der auch mit seinen nunmehr 70 Jahren nicht zu bremsende, passionierte Segelkapitän für einigen Wind gesorgt. Den Mitarbeitern in Walldorf warf er Trägheit und mangelnde Innovationskraft vor: „Manchmal will ich die Walldorfer Entwickler packen und schütteln und anschreien!“ Zugleich sang der häufig in Kalifornien weilende Plattner das hohe Lied der USA, wo deutsche Bedenkenträgerei ein Fremdwort sei. Das schlug so heftig ein, dass er eilig den Verdacht ausräumen musste, dass der SAP-Sitz in die USA wandern könnte.

Die Provokationen des SAP-Patriarchen kommen ungelegen

Die Provokationen des umtriebigen SAP-Patriarchen haben genau die Unruhe geschürt, die McDermott nicht gebrauchen kann. Dem Amerikaner haftet ebenfalls das Image an, dass er mit der Unternehmenskultur am SAP-Stammsitz fremdele. Demonstrativ hat er versprochen, dass er ein Domizil in der Nähe von Walldorf beziehen werde. Doch den Umbruch vom Geschäft mit Softwarelizenzen zum Cloud-Zeitalter, in dem Services und das Angebot von Miet-Infrastruktur im Mittelpunkt stehen, will er rasant vorantreiben. „Disruptive Innovation“ ist einer der Begriffe, die McDermott ebenso wie der Übervater Plattner im Munde führt. Nach dem Abgang des Dänen Snabe fürchten deshalb die Mitarbeiter amerikanische Sitten, wenn es etwa um die Arbeitszeit geht. „Es werden immer wieder Deadlines vorgeschrieben, die als unverschiebbar bezeichnet werden.“, schrieb der IG-Metall-Betreibsrat Ralf Kronig in einer Rundmail an die Mitarbeiter. Kurz davor würden die Hürden verschoben, „um uns nochmals zu Höchstleistungen anzutreiben“. In der alljährlichen Mitarbeiterbefragung bekam das Management schlechte Noten – während die Identifikation mit dem Unternehmen weiterhin hoch ist.

Auch Personalrochaden neben der erwähnten Neuorganisation an der Unternehmensspitze haben SAP in den vergangenen Monaten nicht zur Ruhe kommen lassen. Im Juni verließ Lars Dalgaard, der Verantwortliche für das Cloud-Geschäft, nach weniger als einem Jahr das Unternehmen. Ende 2013 ging die erst 2012 angeheuerte Personalchefin Luisa Delgado. Und Anfang 2014 kündigte ein weiterer Cloud-Verantwortlicher, der ebenfalls erst 2012 im Zuge einer Übernahme zu SAP gestoßene Bob Calderoni, seinen Abgang an. Langfristig geplant scheint der Abschied des Finanzvorstandes Werner Brandt in diesem Jahr. SAP sei eben mitten in einer Transformationsphase, so ließ sich Brandt vor einigen Wochen zitieren. Gleichzeitig durchlaufe man einen Managementwechsel: „Beide Faktoren sorgen sicherlich für Unsicherheiten in der Belegschaft.“

Hasso Plattner – auch mit 70 noch umtriebig

Gründer
– Der am 21. Januar 1944 in Berlin geborene, studierte Nachrichtentechniker Hasso Plattner war 1972 einer der Mitbegründer des später SAP genannten Unternehmens „Systemanalyse und Programmentwicklung“.

Mäzen
– Bis 2003 war Plattner Vorstandsvorsitzender von SAP und ist weiterhin Chef des Aufsichtsrats. In den vergangenen Jahren trat er als Mäzen auf, etwa als Förderer des Hasso-Plattner-Forschungsinstituts in Potsdam.

Original
– Plattner, der mit einem geschätzten Vermögen von 6 Milliarden Euro einer der reichsten Deutschen ist, gilt als ungeduldiger Querdenker. Plattners Aufsichtsratsmandat läuft 2017 aus. Doch aufhören wird er da kaum.