Bundesbildungsministerin Anja Karliczek fordert mehr Einfluss des Bundes in der Bildungspolitik - eine offene Wunde bei Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der nimmt die Vorlage dankbar auf.

Stuttgart - Mit ihrer Forderung nach mehr Einfluss des Bundes in der Bildungspolitik stößt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek bei Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf Granit. „Als ich das (...) gehört habe, dachte ich, ich falle vom Pferd“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Der Regierungschef fordert bereits seit längerer Zeit eine neue Föderalismuskommission, um vor allem das Zusammenspiel von Bund und Ländern auf finanzieller Ebene zu verbessern.

 

Karliczek hatte in einem „Spiegel“-Interview über „neue Formen der Zusammenarbeit“ gesprochen und unter anderem gesagt: „Für die Digitalisierung der Schulen können wir im Moment nur Geld für Investitionen geben.“ Eine inhaltliche Zusammenarbeit sei selbst dann nicht möglich, wenn sich Bund und Länder einig seien. „Das kann doch kein Zukunftsmodell sein.“ Sie fügte hinzu: „Es geht darum, dass wir Themen identifizieren, die Bund und Länder gemeinsam besser angehen können als jedes Bundesland allein.“

Es gehe auch um internationale Wettbewerbsfähigkeit

Kretschmann wies den Vorstoß zurück. Es sei bereits bei den zeitraubenden Verhandlungen zum Digitalpakt deutlich geworden, wohin Berliner „Eingriffe“ führten. „Und jetzt will die noch mehr in diese Richtung gehen“, ärgerte sich der grüne Regierungschef über die CDU-Ministerin. „Solange es aber so bleibt, dass der Bund in Materien, für die er nicht zuständig ist, Programme auflegt, wird sich das nicht ändern.“ Es brauche eine Föderalismusreform, „um das richtig wieder aufzustellen“.

Es gehe in dem regelmäßig neu aufgelegten Streit um die Kompetenzen nicht nur um ein Fingerhakeln zwischen Bund und Ländern, sagte Kretschmann, „sondern es geht darum, ob wir im Bildungssystem international wettbewerbsfähiger werden“. Dies werde man aber nicht erreichen, wenn Kompetenzen immer mehr vermischt würden „und jeder die Schuld auf den anderen schiebt“. Er zeigte sich „einigermaßen optimistisch, dass wir das in der nächsten Legislaturperiode des Bundes ändern werden“.

Kretschmann mit Meinung nicht alleine

Die Länder haben in Bildungsfragen die Hoheit. Deshalb gibt es unter anderem unterschiedliche Schulen, Lehrpläne und Abituraufgaben. Kretschmann ist bekannt als lautstarker Streiter für den Föderalismus und die weitgehende Eigenständigkeit der Bundesländer.

Zuvor hatte auch bereits der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, ablehnend auf den Vorstoß Karliczeks reagiert. „Generell ist mir schleierhaft, was ein stärkeres Engagement des Bundes in der Bildungspolitik bringen sollte“, hatte er gesagt. Schließlich habe der Bund bei der Digitalisierung kaum Erfolge vorzuweisen. Das zeige sich beispielsweise im öffentlichen Gesundheitsdienst. Ein weiteres Negativ-Beispiel sei der „weitgehend unpraktikable neue Personalausweis“.