Heute geht es um die Frage, was Beinfreiheit eigentlich wirklich bedeutet. Dazu hat sich unser Kolumnist ein paar Gedanken gemacht, die gar nichts mit Peer Steinbrück, wohl aber den anderen Roten, denen vom VfB zu tun haben.

Leonberg - Geradezu prophetisch waren vor einer Woche die Überlegungen vom Verhältnis zwischen Milchpackungen und der Kanzlerkandidatur. In aller schwäbischen Bescheidenheit glauben wir, dass das letzte Tröpflein waren, welches bei der SPD die Milchtasse zum Überlaufen . . .? Egal. Jedenfalls hat uns der neue Kanzlerkandidat gleich mit einem Wort beglückt, das heißer Anwärter auf das Wort des Jahres werden könnte: Beinfreiheit. Was will er uns damit sagen?

 

Also, ich stelle mir da vor, dass ich im Leo-Center eine kurze Hose erworben habe, die letzte dieser Saison sozusagen. Die ziehe ich dann gleich an, den kühlen Temperaturen trotzend, sitze im ersten Stock beim Italiener und freue mich: „Endlich noch einmal Beinfreiheit.“

Oder: Wir hetzen vom Autobahn-Anschluss Leonberg-West auf die A 8 an den gefühlt 234 Baustellen vorbei, sind endlich am Flughafen Stuttgart angekommen, wollen für den Mallorca-Touristenbomber einchecken. Der Hinweis auf die Körpergröße von über 1,90 Metern führt dann bei der hübschen Dame hinter dem Schalter nicht zu den üblichen Abwehrreaktionen, sondern sie trällert: „Natürlich gibt es für Sie den Platz am Notausgang.“ Und während der Engelberg unten immer kleiner wird, lehnen wir uns zurück und sagen zufrieden: „Endlich mal wieder Beinfreiheit.“

Noch besser: Wenn wir es schaffen, in Rutesheim nicht schon wieder ausschließlich im „Uhlenspiegel“ zu landen, sondern in dem benachbarten Kletterpark. . ., dann hängen wir mit der Sicherung auf dem ganz hohen Parcours auf elf Metern, den wir eigentlich gar nicht nehmen wollten, baumeln hilflos vor uns hin, zum Amüsement der Untenstehenden und rufen: „Hilfe, ich habe Beinfreiheit!“

Und wenn nichts mehr hilft, dann hilft Fußball. Wenn also unser VfB mit 1:6 gegen das dunkle Imperium aus München verliert, wenn Ibisevic aus zehn Zentimetern das Tor nicht mehr trifft, wenn wie immer am Saisonstart bei den Roten (denen von Cannstatt, wohlgemerkt) die allgemeine Bräsigkeit die ersten zehn Spiele anhält, und wenn wieder alles auf die phänomenale Rückrunde gesetzt wird, dann rufen wir verzweifelt mit Blick nach oben aus: „Himmelherrgott, bitte endlich mehr Beinfreiheit!“