Die Biomüllanlage des Rems-Murr-Kreises steht. Doch die alten Verträge mit den alten Abnehmern laufen weiter. Das könnte teuer werden.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - In vergleichsweise rasantem Tempo - innerhalb nur eines Jahres - ist die kreiseigene Biovergärungsanlage in Backnang-Neuschöntal (Rems-Murr-Kreis) fertig gestellt worden. Der Probebetrieb in dem "ökologischen Vorzeigeprojekt", wie der Landrat Johannes Fuchs die Anlage bei einem symbolischen Spatenstich Ende Juni des vergangenen Jahres bezeichnet hatte, läuft.

 

 Günstigere Biomüll-Entsorgung durch neue Anlage

Doch es laufen auch noch andere Dinge, die vom kommenden Monat an, für den die Inbetriebnahme der Anlage geplant war, eigentlich nicht mehr hätten laufen sollen: die Abnahmeverträge mit den bisherigen Entsorgern. Das könnte für den Kreis teuer werden.

In der neuen Anlage, die rund 13 Millionen Euro gekostet hat, soll der gesamte Biomüll des Rems-Murr-Kreises entsorgt werden. Das erspare nicht nur den Müllfahrzeugen weite Transportwege und der Umwelt 8.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid, heißt es in einem Konzeptpapier der kreiseigenen Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG). Um rund 20 Prozent könnten auch die "Behandlungskosten" des Biomülls im Vergleich zu einer bestehenden Kompostieranlage gesenkt werden.

Mit dem bei der Vergärung entstehenden Methangas würden zudem pro Jahr rund 8,7 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt, damit könnten rund 3.000 Haushalte versorgt werden. Und gewissermaßen als Tüpfelchen auf der ohnehin schon grandios verbesserten Ökowirtschaftsbilanz soll die Stadt Backnang von der Abwärme des Vergärungsprozesses profitieren und diese kostenfrei zur Trocknung des Klärschlamms in ihrer Nachbaranlage nutzen können.

Verträge zu spät gekündigt

Doch statt des Inhalts der heimischen Braunen Tonne gärt nun der Ärger des Landrats über die versäumte Kündigung der Verträge mit einem Unternehmen aus dem Odenwald und einem aus Sachsen-Anhalt. Schwarz auf weiß ist die AWG durch eine Verlängerungsautomatik nun verpflichtet, ihren Biomüll bis mindestens zum Oktober des kommenden Jahres weiterhin von den beiden Firmen entsorgen zu lassen.

Dem Landrat, der auch der Aufsichtsratsratsvorsitzende der AWG ist, merkt man an, dass er seinen Zorn nur mühsam im Zaum halten kann: "Die Sache ist mehr als ärgerlich." Da hätten sich zahlreiche AWG-Leute in das für sie gänzlich neue Projekt mit so viel Einsatz hineingearbeitet. Am Ende sei man fristgerecht fertig geworden, was wichtig gewesen sei, um in den Genuss der optimalen Bundesförderung zu kommen - und jetzt das.

Unabhängig davon, dass das "Organisationsverschulden" und Regressansprüche geprüft werden müssten, sei man in die Verhandlungen mit den beiden Vertragspartnern getreten. Die eigene Anlage bis zum nächsten Oktober stillstehen zu lassen "wäre unverantwortlich", sagt Fuchs. Man werde eine "gemeinsame Lösung" finden - sprich: der Kreis wird eine Abfindung zahlen müssen. Die Verträge sichern den Partnern dem Vernehmen nach jährliche Einnahmen in sechsstelliger Höhe zu.

Keine Erhöhung der Müllgebühren

Dass die Abfindung die Müllgebühren künftig in die Höhe treibt, glaubt Fuchs nicht. Er geht davon aus, dass man das Versäumnis als Versicherungsschaden geltend machen kann. Er hoffe, dass man im kommenden Monat in Neuschöntal trotz allem "schrittweise in die Volllast gehen" könne. Dennoch: "mehr als ärgerlich", wiederholt sich der Landrat. Es sieht so aus, als ob die Angelegenheit noch eine Weile nachgärt.