Im Jahr 2022 ist der Bitcoin-Kurs abgestürzt, die Pleite der Kryptobörse FTX hat hohe Wellen geschlagen. Hat sich das Thema Kryptowährungen damit für Banken und Anleger in Deutschland erledigt?

Digital Desk: Simon Koenigsdorff (sko)

Im vergangenen Jahr kannte der Kurs der populärsten Kryptowährung Bitcoin meist nur eine Richtung: Steil nach unten. Vom Allzeithoch im Herbst 2021 bis zum Ende des Jahres Dezember verlor die digitale Währung einen Großteil ihres Werts, von etwa 56 000 Euro auf rund 16 000 Euro pro Bitcoin. Mit dem Kurssturz einher gingen die Pleiten mehrerer Krypto-Firmen, darunter FTX, eine der größten Krypto-Börsen, deren Gründer Sam Bankman-Fried im Dezember wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche festgenommen wurde. Doch in Deutschland hat das bislang nicht dazu geführt, dass sich Banken von dem Thema abwenden oder ihre Krypto-Pläne einstampfen.

 

Im Januar gab die Online-Bank N26 bekannt, über ihre App könne man nun auch mit Kryptowährungen handeln. Auch der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken bestätigt, dass man weiterhin daran arbeite, ein Angebot zum Kryptohandel für die Genossenschaftsbanken zu schaffen, um sich „dem Marktbedarf nicht zu verschließen“ – auch wenn es sich um „hochspekulative Anlageprodukte“ handele. Ob die Volksbanken ihren Kunden dann tatsächlich den Handel mit Bitcoin und Co. anbieten werden, bleibt den Instituten selbst überlassen.

Bitcoin bei der Volksbank um die Ecke kaufen?

Eine der wenigen Banken, die hier bereits vorgeprescht sind, ist die Volks- und Raiffeisenbank Bayern Mitte. Über eine Online-Plattform können Kunden seit dem Frühjahr 2022 Bitcoin kaufen, in der Ingolstädter Zentrale steht ein Bitcoin-Automat. Finden sich dafür in Zeiten fallender Kurse überhaupt noch Kunden? „Aufgrund der Marktsituation könnten es gerade mehr sein“, sagt Vorstand Andreas Streb, der Umsatz steige aber konstant an. Kunden aus allen Altersschichten sollen bereits dabei sein, sogar Unternehmen.

„Wir wollen hier sehr seriös sein“, betont Streb. Dass die Bank überhaupt Bitcoin-Angebote im Programm haben kann, liegt daran, dass sie die Coins ihrer Kunden gar nicht verwahrt – jeder Kunde behält sie selbst in seiner digitalen Geldbörse, Wallet genannt. Für Bitcoin gibt es keine Anlageberatung, lediglich ein „Informationsgespräch“, das auch keine anderen Kryptowährungen abdeckt.

Streb betont, dass man eine Investition in Bitcoin niemandem aktiv empfehle – „das muss jeder selbst entscheiden.“ Wer über die VR Bayern Mitte Bitcoin kauft, wird immer wieder auf das Risiko hingewiesen, dass das investierte Geld auch vollständig verloren gehen kann. Das Angebot bekannt zu machen, ist dabei eine Gratwanderung: Eigentlich zielt es auf jene, die bereits von sich aus interessiert sind. Man wolle „den langfristig orientieren Anleger“ ansprechen, sagt Streb. Doch als regionale Volksbank Bitcoin anzubieten, könnte manche auch erst auf den Geschmack bringen.

Banken haben Interesse an Blockchain

Fernab vom Privatkunden bemühen sich auch andere Banken um sogenannte Krypto-Verwahrlizenzen bei der Finanzaufsicht Bafin, darunter die Commerzbank und die Deka-Bank. Ihre Pläne richten sich jedoch an institutionelle Kunden, also Unternehmen, Stiftungen und Co., und haben nicht zwingend mit den bekannten Kryptowährungen zu tun – die Deka beispielsweise arbeitet bereits an digitalen Wertpapieren mit eigener Blockchain-Technologie. Der Sparkassenverband, zu dem die Deka gehört, hat dagegen im vergangenen Jahr entschieden, Privatkunden selbst keine Kryptowährungen anbieten zu wollen.

Dass Banken in der Blockchain durchaus eine zukunftsträchtige Technologie sehen, sieht auch Analyst Guido Zimmermann von der LBBW so. Trotzdem glaubt er nicht, dass die Kryptowährungen, die die Technik derzeit nutzen, für Banken in den nächsten Jahren zentral werden. Die Zukunft von Bitcoin und Co. sieht Zimmermann eher skeptisch, auch wenn der Bitcoin-Kurs zuletzt wieder über die 20 000-Euro-Marke stieg: Nach der FTX-Pleite werde es auch in Zukunft noch „Verwerfungen“ geben.

Viele Anleger haben mit Krypto Geld verloren

Zimmermann glaubt, dass die allermeisten Banken ihre Privatkunden nicht aktiv in riskante Krypto-Anlagen hineinberaten würden, allein schon, um ihren Ruf nicht zu gefährden. Ohne Sicherheiten und mit starken Kursschwankungen sind sie für Zimmermann „ein Maß für den irrationalen Überschwang an den Finanzmärkten.“ Bankkunden würden sie womöglich nicht mehr so stark nachfragen wie vor dem Crash: „Viele haben einfach ihr Geld verloren.“

Für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter seien Skandale wie die FTX-Pleite ein „No-Go“, meint Zimmermann. Und: „Aufgrund einer stärkeren Regulierung dürfte das institutionelle Interesse in den nächsten Jahren verhalten sein“. Die EU arbeitet derzeit an Regeln für die Krypto-Branche. Und in Zeiten von Nachhaltigkeitskriterien dürfte es für Investoren schwierig sein, in Bitcoin zu investieren, dessen Blockchain enorme Mengen an Energie und Ressourcen verschlingt. Zimmermann hält es durchaus für möglich, dass der Finanzsektor noch andere Anwendungen für die Blockchain findet – im Moment sei es aber „eine Technologie auf der Suche nach Anwendungsfällen“.