Im Netzwerk Blockupy sind 90 Organisationen zusammengeschlossen. Ob Gewalt erlaubt ist – darüber herrscht keine absolute Einigkeit. Der Schritt von Occupy zu Blockupy ist, vereinfacht ausgedrückt, der Schritt von der Sitzdemo zur Blockade von Institutionen.

Seite Drei: Dieter Fuchs (fu)

Stuttgart - Jetzt sind die 98% wieder überzeugt, dass man eher mit den 1% Superreichen leben kann, als mit den 1% Bekloppten innerhalb von #blockupy“ – dieser Twitterbeitrag, geschrieben kurz nach dem Straßenschlachten am Mittwoch, thematisiert sowohl die Wurzeln und das Anliegen der Bewegung als Ganzes als auch dessen Schwäche.

 

Blockupy versteht sich seit 2012 als loses „europaweites Netzwerk vielfältiger Bewegungen, Gewerkschaften, Parteien und Flüchtlingsinitiativen aus Italien, Spanien, Griechenland, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Frankreich und anderen Ländern“. Dieses Netzwerk will Widerstand leisten „gegen das europäische Krisenregime“, 2015 mit besonderem Blick auf die Verhältnisse in Griechenland. Verantwortlich dafür macht Blockupy die auch als Troika bekannten Institutionen Internationaler Währungsfonds, EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB), die Sparpolitik einerseits und Geldvermehrung andererseits betreiben – zum Schaden des Volkes und zum Nutzen des Kapitals, so Blockupy.

Den Kapitalismus mit allen Mitteln abschaffen

Dahinter steht die Vorstellung, die schon von der Vorgängerbewegung Occupy vertreten wurde: Das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung beherrscht die anderen 99 Prozent zum eigenen Vorteil. 90 Organisationen sind offiziell im Netzwerk, das sich digital organisiert. Der Schritt von Occupy zu Blockupy ist, vereinfacht ausgedrückt, der Schritt von der Sitzdemo zur Blockade von Institutionen.

So „radikalisiert“ beispielsweise die „Interventionistische Linke“ das „Konzept der gut vorbereiteten Massenblockaden“. Das Bündnis „Ums Ganze“ will wie viele andere Beteiligte den Kapitalismus mit allen Mitteln abschaffen. Die Palette reicht von Revolution bis Reform. Attac, Occupy Frankfurt, Gewerkschaften, Jugend- und Studierendenverbände, die Partei Die Linke, das Netzwerk Friedenskooperative sind ebenfalls Teil von Blockupy. Aber auch Gruppen aus der Hausbesetzer- und der Antifaschistischen Szene von Hamburg bis Athen sind nach Frankfurt gereist.

Einzelne Gruppen sind linksradikal und gewaltbereit

Einzelne Gruppen sind linksradikal und gewaltbereit. Das Netzwerk insgesamt wird vom hessischen Verfassungsschutz als „linksextremistisch beeinflusst“ bezeichnet. Die Organisatoren von Blockupy schaffen Strukturen, die Aktionen am Rande der Legalität oder darüber hinaus ermöglichen. Die „aktivistische Überwindung des EZB-Zaunes“ und die Blockade der EZB wurden als Ziel ausgegeben. Zu diesem Zweck werden Antipolizei-Taktiken vorbereitet und angewandt. Sanitäter versorgen Verwundete. Anwälte kümmern sich um Verhaftete.

Was Gewalt ist, wie viel erlaubt oder toleriert wird – darüber herrscht keine absolute Einigkeit. Die Organisatoren von Blockupy haben sich von Gewalt distanziert. Er sei „sehr betrübt“, sagte der Linke-Abgeordnete Ulrich Wilken. Die Organisatoren hätten sich den Mittwochmorgen „ganz anders vorgestellt“. Zerstörung und tätliche Angriffe werden im Netzwerk fast durchweg abgelehnt, das Durchbrechen von Polizeiketten und das Bewerfen von Polizisten mit Farbbeuteln dagegen weniger. Wer Gewalt legitimiert, tut dies mit Verweis auf den Zorn über die herrschenden Verhältnisse und auf die Machtausübung von Banken, die Hungertote zur Folge habe oder die gestiegene Säuglingssterblichkeit in Griechenland, verursacht durch das Spardiktat.

Eine Linke-Abgeordnete sieht Stimmungsmache der Presse

Wie die Ereignisse in Frankfurt interpretiert werden können, zeigt ein Twitter-Beitrag von Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der Linken aus Tübingen: „Stimmungsmache der Presse gegen Blockupy. Auf dem Maidan in Kiew waren Rauchschwaden für die Presse Zeichen der Freiheitsbewegung.“