Im Mai flog ein brutales Verbrechen auf, weil der mutmaßliche Täter einen Autounfall verursachte. Nun beginnt der Prozess vor dem Landgericht Stuttgart.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang - Unfallflucht ist für die Polizei ein alltägliches Ärgernis – als jedoch am 4. Mai dieses Jahres zwischen Großbottwar im Kreis Ludwigsburg und Großaspach (Rems-Murr-Kreis) ein Audi von einer Landesstraße abkam und der offenbar verletzte Fahrer die Flucht ergriff, brachte dies die Ermittler auf die Spur eines schweren Verbrechens. Dessen Aufarbeitung steht jetzt kurz bevor: Von Freitag an muss sich der Mann, der in Backnang seine 25 Jahre alte Frau ermordet haben soll, vor dem Landgericht Stuttgart verantworten.

 

Der Unfall geschah an jenem Maitag auf schnurgerade verlaufender Straße, die Polizei suchte mit großem Aufwand im nahen Hardtwald nach dem damals 29-Jährigen. Als sie ihn nach rund vier Stunden fand, machte er offenbar eine Andeutung auf das Verbrechen. Die Polizei soll zudem weitere Hinweise auf die Bluttat erhalten haben. In der Wohnung von ihm und seiner Frau in Backnang stießen Beamte dann auf den toten Körper der jungen Frau.

Frau in Backnang getötet: die Anklage lautet auf Mord

Sie war mit dem Tatverdächtigen nach islamischem Recht verheiratet und hatte den 29-Jährigen zuvor bei der Polizei angezeigt, weil er falsche Personalien geführt haben soll – in welchem Zusammenhang er dies tat, ist nicht bekannt. Eine falsche Namensangabe stellt Behörden gegenüber nur eine Ordnungswidrigkeit dar – womöglich bedeutete die Anzeige für den türkischen Staatsbürger aber ernsthafte Konsequenzen. Zumindest soll er laut der Staatsanwaltschaft derart erbost darüber gewesen sein, dass es zu der Bluttat kam.

Ein niederer Beweggrund wie Rachsucht aber auch die Verdeckung einer anderen Straftat als Motiv zählen zu den sogenannten Mordmerkmalen. Die Anklage lautet dementsprechend nicht auf Totschlag, sondern auf Mord. Ein lange ausstehendes Gutachten, das sich mit der Frage beschäftigt, ob der Mann schuldfähig ist, liegt inzwischen vor – „zu dessen Inhalt machen wir vor der Verhandlung aber keine Angaben“, erklärt ein Sprecher des Landgerichts.

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Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann für seine Tat ein spezielles Ausbeinmesser benutzt hat. Mit der schmalen, langen Klinge, die normalerweise zum Entfernen von Knochen und Enthäuten von Fleisch und Geflügel dient, soll er laut der Anklage „fünfmal wuchtig auf die Geschädigte eingestochen haben“. Die 25 Jahre alte Frau verblutete noch in der gemeinsamen Wohnung wegen ihrer schweren inneren Verletzungen.

Rätselhaft bleibt, was der Angeklagte auf seiner Unfallfahrt vorhatte – und, was er direkt nach der Tat getan hat. Sein Wagen war zwar voll mit Taschen und Kleidungsstücken beladen; laut der Polizei war er aber nicht in Richtung Autobahn, sondern gen Backnang unterwegs. Möglicherweise wollte er also zum Tatort zurückkehren.

So wird der Mordprozess in Stuttgart ablaufen:

Am Freitag wird sich dies vielleicht klären. Oder an den folgenden acht Verhandlungstagen, welche das Landgericht Stuttgart angesetzt hat. Ob der Tatverdächtige während seiner Untersuchungshaft etwas zu den Vorwürfen gesagt hat, ist nicht bekannt. Zumindest zwei Wochen nach der Bluttat hatte er geschwiegen. Am ersten Tag des Verfahrens vor der 19. Großen Strafkammer wird zunächst die Anklage verlesen, vielleicht wird auch der Angeklagte etwas zu seiner Person und der Tat selbst sagen. Weitere Zeugen sind am ersten Tag nicht geladen.