Bis das Böblinger Freibad im Jahr 1953 eröffnet wurde, hatte es bereits eine lange Geschichte voller politischer Wirren hinter sich.

Böblingen - Wer denkt, dass früher – anders als heute – Bauprojekte zügig und problemlos ungesetzt wurden, der irrt. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist das Böblinger Freibad. Es war ein wahres Politikum und beschäftigte das Rathaus jahrzehntelang, bevor der Bürgermeister Wolfgang Brumme im Jahr 1953 endlich die offizielle Eröffnung feiern konnte.

 

Ursprünglich hatten die Böblinger den Oberen See als Bad genutzt. Am Zufluss des Murkenbachs stand ein Badehaus, da der See an dieser Stelle tief genug zum Schwimmen war. 1892 wurde etwas oberhalb allerdings ein Wasserwerk eröffnet, welches das Wasser teilweise abzweigte und die Zeiten des Freibads beendete.

Eine Tageskarte für Jugendliche kostete zu Beginn 25 Pfennig

In den folgenden Jahrzehnten kam das Reizthema Freibad im Rathaus immer wieder auf die Tagesordnung. 1910/1911 eruierte der Gemeinderat zunächst, ob man den Ganssee, den Unteren See oder die Berner Seen an der Schönaicher Straße, die zur Eisgewinnung dienten, zum Freibad umfunktionieren könnte. Allerdings war auch dort der Wasserzufluss zu gering. Angedacht wurden später auch Standorte in der Umgebung des Wasserturms und bei der heutigen Bundespolizeidirektion sowie eine Reaktivierung des Oberen Sees. Sie wurden allesamt verworfen. 1936 strebte man eine gemeinsame Lösung mit Sindelfingen an und favorisierte zunächst einen Standort am Goldbach unterhalb des Goldbergs. Auseinandersetzungen mit der Böblinger Ortsgruppe der NSDAP, die einen Standort an der Stuttgarter Straße ins Spiel brachte, sowie der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhinderten allerdings, dass die Pläne weiter gedeihen konnten.

Erst gut 15 Jahre später rückten die Bagger schließlich am sogenannten Hexenbuckel an. Das Freibad wurde am 1. August 1953 eröffnet – und es wurde ein voller Erfolg. Nicht nur die Böblinger zogen hier von nun an ihre Bahnen, auch aus Stuttgart und anderen Orten in der Umgebung kamen die Gäste in das Bad. Bereits drei Wochen nach der Eröffnung zählte man den 50.000. Besucher – und das war ausgerechnet Kronprinzessin Cäcilie, die Frau von Wilhelm von Preußen. Eine Tageskarte für Jugendliche kostete zu Beginn 25 Pfennig, Erwachsene mussten das Doppelte berappen. Apropos Geld: Auf einen Appell des Bürgermeisters Wolfgang Brumme hin hatten sich die Böblinger Bürger durch Spenden zu einem Viertel an den Baukosten für das Bad beteiligt; es kostete 450 000 Mark.

Wurzeln des Thermalbads liegen in den 1980er Jahren

Bis zu seiner Sanierung in den 1990er Jahren bestand das Freibad, wie unser historisches Luftbild zeigt, aus einem 50 Meter langen Schwimmerbecken, einem Sprungturm, einem trapezförmigen Nichtschwimmerbecken mit einer Rutsche sowie einem Planschbecken für die jüngsten Badegäste. Darin gab es eine mit Mosaik belegte Betonschlange, aus deren Mund Wasser spritzte. Entworfen hatte die Anlage der Stuttgarter Werner Gabriel. Auf Werner Gabriel geht auch der hervorstechende Sprungturms zurück, der sich durch seine schlichte Eleganz auszeichnet. „Er ist architektonisch durchaus bedeutend“, sagt der Böblinger Stadtarchivar Christoph Florian.

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Heutzutage befindet sich beinahe direkt neben dem Freibad das Böblinger Thermalbad. Dessen Wurzeln liegen in den 1980er Jahren: Bei Bohrungen hatte man heißes Wasser zutage gefördert, das als „fluoridhaltiges Natrium-Chlorid-Thermalwasser“ klassifiziert wurde. 1985 lobte die Stadt einen Architektenwettbewerb aus, den das Büro Rödl-Kieferle für sich entschied. Dessen Entwurf sah eine Lage auf der Anhöhe und den Kuppelbau vor, der die Therme bis heute auszeichnet. Gebaut wurde sie schließlich 1989.