Bob Geldof sammelt mit Band Aid 30 fleißig Millionen für die Ebola-Regionen in Afrika. Doch nicht alle finden sein Engagement toll - und schon gar nicht Jan Böhmermann. Der fragt "Do they know it's Scheiße?"

London - Wissen sie in Afrika eigentlich, dass Weihnachten ist? Diese Frage hat Bob Geldof 1984 zum ersten Mal musikalisch gestellt. Seit fast zwei Wochen spülen nun neue Fassungen des Weihnachtshits „Do They Know It’s Christmas?“ Millionen in die Kassen. Das Geld soll dem Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika zugutekommen, in London und Berlin haben Dutzende hochkarätige Musiker mitgesungen. Doch Organisator Geldof (63) stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung.

 

Entertainer und Moderator Jan Böhmermann hat auf ZDFneo satirisch überspitzt - "Do they know it's Scheiße?" - ausgedrückt, was nicht nur britische Stars über das Projekt Band Aid 30 von Bob Geldof denken. Dabei holt Böhmermann kräftig aus und watscht deutsche Stars und Mitsinger wie Campino, Cro und Anna Loos und Jan Josef Liefers kräftig ab.

One Direction, Bono und Rita Ora sind nur ein paar prominente Briten und Iren, die mit dem Boomtown-Rats-Frontmann ins Studio gingen. Lily Allen (29) dagegen sagte der „Mail on Sunday“: „Ich tue lieber meinen Teil, indem ich richtiges Geld spende, anstatt mit Leuten wie diesen in einen Topf geworfen zu werden.“ Das Projekt wirke auf sie „selbstgefällig“. Medienberichten zufolge hat auch Sängerin Adele (26) lieber gespendet als mitzusingen.

In Deutschland hat Tote-Hosen-Sänger Campino unter anderem Udo Lindenberg, Max Raabe, Jan Delay, Max Herre und Peter Maffay zusammengetrommelt. Auch Reggae-Sänger Patrice (35) war dabei - und bedauert das inzwischen. Auf seiner Facebook-Seite fasst er einige der Hauptkritikpunkte zusammen: Das Logo der Band-Aid-Aktion, das einen Ebola-Slogan vor den Konturen des gesamten afrikanischen Kontinents zeigt, sei „im besten Fall gedankenlose Effekthascherei, im schlimmsten Fall Propaganda“, schreibt er. Schließlich seien nur drei Länder des riesigen Kontinents mit 54 Nationen betroffen.

Dass Nigeria und Senegal Ebola selbst erfolgreich bekämpft hätten, bliebe außen vor, fährt der Musiker fort. Schockiert sei er außerdem von dem Vorspann zum Video, den die englische und die deutsche Version gemeinsam haben: Zu sehen ist eine abgemagerte ebolakranke Frau, die Helfer in Schutzanzügen an Armen und Beinen tragen. „Ich möchte nicht, dass jemand zur Erzielung eines Schockeffekts auf derart entwürdigende Weise instrumentalisiert wird. Auch nicht für einen guten Zweck“, stellt Patrice klar.

Der Liedtext trage dazu bei, negative Vorurteile über Afrika zu verbreiten, kritisierte Autorin Kate Fox. Er bevormunde Afrikaner nach dem Motto: „Afrikaner haben kein Weihnachten, die Menschen in Afrika sind arm und brauchen die Hilfe der Weißen, weil sie sich nicht selbst helfen können.“

Emeli Sandé entschuldigt sich

Rapper Fuse ODG sagte seine Teilnahme wegen dieses Textes ab. Vor allem die Zeilen „Wo ein Kuss der Liebe dich töten kann und wo der Tod in jeder Träne lauert“, sowie „Diese Weihnachten gibt es keinen Frieden und keine Freude in Westafrika“ störten ihn. Er habe oft Weihnachten in Ghana in Westafrika verbracht, schrieb er im „Guardian“. „Dies zu singen, wäre eine Lüge für mich gewesen.“

Sängerin Emeli Sandé (27), die in London mitgesungen hat, entschuldigte sich, dass der Text manchen beleidigt haben könnte. Sie hätte sich Änderungen gewünscht, die aber nicht berücksichtigt worden seien, schrieb die Britin mit sambischen Wurzeln.

Die privilegierten Stars bevorzugten es, ein paar Stunden ihrer Zeit zu geben statt Geld, so lautet außerdem Kritik in vielen Medien. Die irische Sängerin Sinéad O’Connor wehrt sich dagegen: „Die Annahme, dass alle, die bei der Aufnahme mitmachen, nicht privat gespendet haben, ist genau das - eine Annahme“, sagte sie dem „Teleghraph“.

1984 waren es die Millionen Hungernden in Äthiopien, deren Leid die Künstler ins Studio holte. 1989 und 2004 folgten weitere Neuaufnahmen, jedes Mal erfolgreich. In Großbritannien läuft die Single auch diesmal trotz all der Kontroversen hervorragend. Und wer ihn nicht kaufen will, kann auf ein weiteres Lied ausweichen: „Africa Stop Ebola“ haben ausschließlich Künstler des Kontinents eingesungen, das eingenommene Geld soll an Ärzte ohne Grenzen gehen.