Gestiegene Renditen und beste Bonitäten lassen Anleger bei Bundesanleihen zugreifen. Allein an der Börse Stuttgart kletterten die von Januar bis Mai dort gehandelten Volumina in dieser Wertpapiergattung auf 3,2 Milliarden Euro.

Mit den gestiegenen Zinsen haben auch Anleihen wieder an Attraktivität gewonnen, was sich an der Börse in deutlich höheren Umsätzen niederschlägt. Getriggert durch die hohe Inflation ließen die dramatischen Änderungen der Geldpolitik die Nachfrage nach Zinspapieren seit Anfang 2023 „mit geballter Kraft“ anspringen, wie sich Jens Furkert, Leiter des Anleihehandels an der Börse Stuttgart, erinnert. In der Folge schossen insbesondere die Umsätze von Bundesanleihen in die Höhe. Allein an der Börse Stuttgart kletterten die von Januar bis Mai dort gehandelten Volumina in dieser Wertpapiergattung auf 3,2 Milliarden Euro (plus 774 Prozent). Auch Pfandbriefe mit plus 250 Prozent und Unternehmensanleihen mit plus 79 Prozent verbuchten hohe Zuwächse. Weitere Zinsprodukte mit Spitzenratings wie Anleihen der Bundesländer oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gelten vielfach als ausverkauft.

 

„Bunds“ stehen zurzeit hoch im Kurs

Hoch im Kurs stehen bei privaten wie institutionellen Anlegern insbesondere kurze Laufzeiten von ein und zwei Jahren, die höhere Renditen abwerfen als Langläufer. Zum Vergleich: Aktuell rentieren zweijährige „Bunds“ mit rund 2,88 Prozent, einjährige sogar mit 3,26 Prozent. Am langen Ende gibt es für zehnjährige Bunds dagegen nur um die 2,35 Prozent. „Und das alles bei einer Spitzenbonität von Triple A“, sagt Furkert. Wenn kurzfristige Anlagen, wie es seit einem knappen Jahr der Fall ist, höher rentieren als langfristige, sprechen Volkswirte von einer inversen Zinsstrukturkurve. Normalerweise ist es umgekehrt, weil Anleger eigentlich einen höheren Zins erwarten, wenn sie dem Schuldner, der die Anleihe emittiert, ihr Geld längerfristig zur Verfügung stellen. Wenn aber Investoren davon ausgehen, dass die Zentralbanken langfristig die Leitzinsen senken werden, um den in Aussicht stehenden wirtschaftlichen Abschwung zu stoppen, schlägt dies auf langlaufende, zehnjährige Bunds am ehesten durch. Denn sinkende Leitzinsen gehen in der Regel mit sinkenden Anleiherenditen einher.

Von den Zinsen hängt ab, wie lange die Situation am Bondmarkt anhalten wird

„Eine inverse Zinskurve war in der Vergangenheit stets einer der zuverlässigsten Indikatoren für eine Rezession“, sagt dazu Klaus Stopp, Chefrentenhändler der Baader Bank in München. Vor diesem Hintergrund parken derzeit auch Banken, Versorger oder Versicherer ihr Geld nicht nur in Geldmarktpapieren, sondern auch in relativ hochrentierlichen Anleihen. Wie lange die Situation am Bondmarkt noch anhalten wird, hängt stark von den weiteren Zinsschritten der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Bekanntlich liegt der Leitzins, zu dem sich Banken kurzfristig von der EZB Geld leihen können, derzeit bei 3,75 Prozent – zwei weitere Anhebungen um jeweils 0,2 Prozentpunkte scheinen vielen als sicher. Sollte die Inflation doch noch einmal einen Sprung nach oben machen, wären möglicherweise zusätzliche Zinsschritte notwendig.

Was die weitere Entwicklung angeht, sieht Moritz Kraemer den Zinsanstieg fast am Gipfel angelangt. „Dabei gehe ich nicht von einem ausdrücklichen Peak aus, sondern einer Art Plateaubildung“, prognostiziert der Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Diese Situation werde so lange bestehen, bis die US-Notenbank Fed als erste Zentralbank Anfang 2024 die Zinsen erstmals wieder senken werde.

Trotz sinkender Zinsen kann man noch profitieren

Aber auch dann dürfte der Run auf Zinspapiere anhalten – zumindest, wenn es um Titel guter Bonität geht. Denn selbst wenn der Zinsgipfel überschritten wird, verlieren die Anleger aufgrund der Inflation weiterhin Geld – „einen Verlust, den sie zumindest teilweise durch Anleihen ausgleichen können“, so Furkert. Sollten Anleger mit einer Investition in Anleihen also vor oder nach dem Zinsgipfel einsteigen, können sie von wieder sinkenden Zinsen dennoch profitieren. Dann nämlich, wenn man Anleihen im Depot hat, deren Verzinsung über dem künftigen Marktniveau liegt. Denn sobald die Zinsen wieder fallen, steigt der Wert der höher verzinsten Titel an der Börse, was wiederum den Wert der bereits gekauften Anleihen im eigenen Depot steigen lässt. Im Gegensatz zu Aktien, die in einer Währung notieren, wird der Kurs eines Bonds in Prozent des Nominalwerts angegeben. „Vor diesem Hintergrund kann man am Rentenmarkt derzeit mit bonitätsmäßig guten Emittenten kaum einen Fehler machen“, resümiert Stopp. Steigt also der Kurs über den Einstandspreis, haben die Anleger die Chance, Kursgewinne zu realisieren, indem sie ihre Anleihen wieder verkaufen.