Die Stadt Stuttgart will mit einer schnellen und einer großen Lösung die Probleme in den Servicebereichen lösen. Das Bollwerk-Gebäude liegt zentral, eine neue Bürowelt ist es aber nicht, findet Redakteur Jörg Nauke.

Die öffentliche Hand ist dafür bekannt, Entscheidungen über Investitionen, wenn schon nicht zu verschlafen, dann aber doch auf einer Zeitschiene möglichst weit nach hinten zu schieben. Das ist auch in Stuttgart leider so, wo dann von einem Tag auf den anderen eine in die Jahre gekommene Brücke gesperrt werden muss und man seit Jahren über den Umfang der notwendigen Opernhaussanierung ergebnisoffen diskutiert. Für alle sichtbar zeigt sich die Verwaltung in vielen Bereichen überfordert. Einwohnerzuwachs, Bürokratieaufbau, Fachkräftemangel, Pandemie, Flüchtlingskrise, schleppende Digitalisierung – es lassen sich viele Erklärungen für die langen Warteschlangen und Antragsstaus finden. Zweifellos hat die Stadtverwaltung aber zu spät entschieden gegenzusteuern. Festmachen lässt sich das vor allem am Versäumnis, neben den personellen auch die baulichen Voraussetzungen für eine funktionierende Verwaltung zu schaffen.

 

Digitalisierung verschlafen

Beispiele dafür, was geschieht, wenn man die Digitalisierung verschläft, schlecht organisiert ist und sich darüber hinaus über Jahre einfach damit abgefunden hat, dass die Mitarbeiter mit Kundenkontakten kündigen und die dort frei werdenden Stellen mit Verzögerung oder gar nicht besetzt werden können, gibt es zu genüge. Beispielhaft seien Kfz-Zulassungsstelle, Ausländerbehörde, Bürgerzentren und Baurechtsamt genannt.

Standortentscheidungen fallen woanders schneller

Die Verwaltung ist durchaus willens, ihre Gebäude auf einen neuen Stand zu bringen, tut sich aber schwer mit der Sanierung, dem Bereitstellen von Interimsarbeitsplätzen und den Rochaden der Belegschaft. Daher muss man jetzt froh über die Absicht sein, mittelfristig neu zu bauen und bis dahin ein leeres Gebäude mit Zulassungs- und Führerscheinstelle sowie der Ausländerbehörde zu beziehen. Natürlich geht das nicht von heute auf übermorgen; dafür hätte man schon das Angebot für einen schon 2026 beziehbaren, klimaneutralen Neubau in Möhringen annehmen müssen. Während bei Allianz und Daimler Standortentscheidungen – auch für den Synergiepark – in erster Linie nach unternehmerischen Gesichtspunkten getroffen werden dürften, bedarf es bei der öffentlichen Hand aber der Zustimmung durch den Gemeinderat, der sich wiederum stark am Stimmungsbild in der Belegschaft orientiert. Und Möhringen galt als zu weit weg vom Schuss. Man darf auf das Urteil der städtischen Mitarbeiter über das Bollwerk-Gebäude gespannt sein. Es liegt zentral, eine neue Bürowelt ist es aber nicht.

Abgestimmte Lösung erscheint sinnvoll

Die abgestimmte Lösung mit der Belegung des Behnisch-Baus und der Bebauung des Grundstücks am Bahnhof erscheint sinnvoll, es ist allerdings wegen der hohen Grundstückskosten eine teure Lösung. Darüber wird zu reden sein. Man darf vor allem gespannt sein, wie die Stadtverwaltung die Klimaneutralität für die Gebäude erreichen will, die sie sich bekanntlich selbst auferlegt hat. Mit Fernwärme der EnBW hat man es schön warm, sauber ist sie aber noch nicht.