Vor einem Jahr wurde Boris Vukcevic, Fußballprofi der TSG 1899 Hoffenheim, bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt. In einem Interview erzählen jetzt seine Eltern, wie ihr Sohn sich langsam zurückkämpft.

Zuzenhausen - Boris Vukcevic, Fußballprofi der TSG 1899 Hoffenheim, ehemaliger Jugendspieler beim VfB Stuttgart und deutscher U 21-Nationalspieler, wurde am 28. September 2012 bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt. Er lag fast sieben Wochen im Koma. In ganz kleinen Schritten erkämpft er sich seine Gesundheit zurück - jenseits der Öffentlichkeit. Seine Eltern Sonja und Dragan, ein Anwalt aus Sindelfingen, äußern sich im Interview erstmals darüber.

 

Die Frage, wie es Boris geht, haben Sie wahrscheinlich schon 1000 Mal im vergangen Jahr gehört. Wie geht es eigentlich Ihnen?

Der Unfall und seine Folgen haben auch bei uns Spuren hinterlassen, aber wir sind guten Mutes und dankbar für allen Zuspruch, den wir erfahren.

Wie hat sich das Leben Ihrer Familie seit dem 28. September 2012 verändert?

Nichts ist mehr so, wie es war. Wir haben unser Leben umstellen müssen, um für Boris da zu sein. Es gab und gibt immer noch viele Dinge, die geregelt werden müssen. Aber es wird besser und wir sind froh um die Unterstützung von vielen Seiten, vor allem vom Verein und von Seiten der Fans.

Und dennoch: Wie geht es Ihrem Sohn?

Boris geht es den Umständen entsprechend gut. Er ist frohen Mutes, sehr motiviert und macht gute Fortschritte. Aber man darf nicht vergessen, dass er sehr schwere Verletzungen erlitten hat und der Weg zurück für ihn noch immer sehr weit ist.

Er sagte kürzlich in einer Mitteilung des Vereins, die Zeit sei noch nicht reif, um an die Öffentlichkeit zu gehen. Was fehlt noch, um diesen schwierigen Schritt zu tun?

Das muss und kann er ganz alleine entscheiden. Es ist denkbar, dass er schon in zwei Wochen ins Stadion gehen will. Es kann aber auch noch eine Zeit dauern. Wir überlassen das ihm. Er muss das alles noch verarbeiten. Dazu kommt, Boris ist nicht nur Fußballspieler, er ist auch ein Mensch. Boris hat ein Recht auf seine Privatsphäre. Und wir sind sehr froh, dass dies bislang von allen Seiten geachtet wurde.

Boris hatte sich im Dezember erstmals über die TSG geäußert, sich für den Rückhalt im Verein und bei den Fans bedankt und darum gebeten, „mir die nötige Zeit und Ruhe zu geben, um wieder in mein Leben zurückzufinden“. Es gibt bis heute keine Aufnahmen, die ihn in der Zeit nach seinem Unfall zeigen. Wie schwierig war es, ihn abzuschirmen?

Wir haben uns in dieser Hinsicht von Beginn an auf unser Gefühl, aber auch auf die Expertise des Vereins verlassen. Das hat bis heute gut funktioniert. Wir wissen um das öffentliche Interesse, aber wir sind auch dankbar, dass man unsere Haltung respektiert.

Wie sieht sein Rehatraining, sein Alltag aus?

Wir wollen darauf nicht im Einzelnen eingehen. Was wir sagen können, ist, dass er täglich hart und voller Zuversicht an sich arbeitet. Seine Therapeuten und seine Ärzte sind zufrieden mit seinen Fortschritten. Es sind Schritte auf dem Weg zurück in ein normales Leben.

Boris gehört weiter zum offiziellen Kader der Hoffenheimer. Was sagt er dazu?

Es macht ihn sehr stolz, dass der Verein und die Mannschaft so zu ihm halten. Das gibt ihm Mut und treibt ihn weiter an auf seinem Weg.

Kann man denn schon sagen, ob er jemals wieder auf hohem Niveau Sport treiben kann?

Nein, das kann zurzeit niemand beantworten. Es ist zu früh, seriöse Prognosen aufzustellen.

Wie eng war der Kontakt zum Verein: Wer hat ihn bisher alles besucht?

Vor einigen Wochen hat Trainer Markus Gisdol ihn besucht. Auch einige Spieler und Vereinsoffizielle waren schon da. Der Kontakt ist also regelmäßig vorhanden. Gelegentlich telefoniert er aber auch mit Freunden, die gar nichts mit dem Fußball zu tun haben.

Bestimmt schaut er sich die Hoffenheimer Spiele im Fernsehen an. Oder hat er inzwischen auch Distanz zum Profigeschäft bekommen - weil es Wichtigeres gibt?

Natürlich hat sich in dem einen Jahr automatisch eine gewisse Distanz aufgebaut. Für Boris stehen andere Themen auf der Tagesordnung. Aber er fiebert jedes Wochenende mit seiner Mannschaft mit. Er hat sich unglaublich gefreut, als Markus Gisdol mit dem Team das Ruder im Frühjahr noch herumreißen konnte. Das war für ihn, aber übrigens auch für uns, ein sehr schönes Erlebnis.

Was wird ihr Sohn an diesem Samstag tun?

Das haben wir noch gar nicht besprochen. Sicher wird uns einiges an diesem Tag an die Geschehnisse vor einem Jahr erinnern. Aber das ist die Realität, der wir uns stellen. Und es ist gut, dass an diesem Tag gespielt wird. Ich bin sicher, dass Boris sich das Spiel im Fernsehen anschauen möchte. Und sobald er soweit ist, wird er sein Team sicher auch bald im Stadion anfeuern.