Der neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan sieht den Branchenprimus vor großen Herausforderungen – auch wegen der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten. Bei der Präsentation der Quartalszahlen kündigt er weitere Kostensenkungen an.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Trotz einer Verdreifachung des Quartalsgewinns stimmt der neue Deutsche-Bank-Chef John Cryan seine Mitarbeiter auf harte Zeiten ein. „Wir müssen alle daran arbeiten, die Kosten zu senken“, schrieb der 54-jährige Brite am Donnerstag an die Belegschaft. Die zinsunabhängigen Aufwendungen der Bank stiegen im zurückliegenden Quartal gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent, vor allem wegen der hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten. „Dies ist ein verschwenderischer Umgang mit unseren hart verdienten Erträgen“, kritisierte Cryan. Unter dem Strich verdiente das größte deutsche Geldhaus von März bis Juni 818 Millionen Euro, drei Mal so viel wie vor einem Jahr. Der Aktienkurs stieg um mehr als fünf Prozent.

 

Cryan übernahm erst nach Ablauf des Quartals das Ruder, nachdem die Doppelspitze aus Jürgen Fitschen und Anshu Jain Anfang Juni überraschend ihren Rücktritt angekündigt hatte. Fitschen bleibt zwar bis zur Hauptversammlung 2016 noch als Co-Vorstandsvorsitzender im Amt, trat bei Veröffentlichung der Quartalszahlen aber nicht in Erscheinung. Zusammen mit Jain hatte er noch im April eine neue Strategie auf den Weg gebracht, zu der unter anderem die Trennung von der Tochter Postbank gehört.

Cryan will die Komplexität reduzieren

„Die Strategie 2020 baut auf den Stärken der Deutschen Bank auf, und daran halten wir fest“, bekräftigte Cryan am Donnerstag. Das Unternehmen müsse aber „effizienter werden“. Neben dem bereits von Jain und Fitschen angekündigten Rückzug aus einzelnen Ländern plant Cryan eine Verschlankung der Entscheidungsstrukturen: „Die Komplexität unserer Organisation müssen wir reduzieren, denn diese verhindert effektive Entscheidungen, klare Verantwortlichkeiten und führt zu verschwenderisch hohen Kosten.“

Indirekt ging der Manager damit auch auf die Kritik der Bafin und anderer Aufsichtsbehörden an der Deutschen Bank ein. Diese hatten im Zusammenhang mit einer Rekordstrafe wegen Zinsmanipulationen schwere organisatorische Mängel beklagt. Die Bafin machte dafür in einem mittlerweile vom „Wall Street Journal“ veröffentlichten Brief zum Teil den zurückgetretenen Co-Vorstandsvorsitzenden Jain verantwortlich, aber auch allgemeine Defizite bei der Speicherung von Daten.

Cryan gehörte vor seinem Wechsel in den Vorstand zwei Jahre lang dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank an. Die Zinsmanipulationen und andere Skandale ereigneten sich größtenteils vor seiner Zeit und nahmen ihren Ausgang überwiegend im Investmentbanking. Das gilt wohl auch für die Rechtsstreitigkeiten um verbriefte US-Immobilienkredite, für die nach Angaben Cryans allein im zurückliegenden Quartal Rückstellungen von 1,2 Milliarden Euro gebildet wurden. Insgesamt hat die Bank für solche Altlasten derzeit 3,8 Milliarden Euro auf der hohen Kante.

Die Investmentbank ist allerdings auch der größte Ertragsbringer des Konzerns, wie das Quartalsergebnis erneut verdeutlicht. Dennoch müsse sich auch diese Abteilung auf Einschnitte einstellen, betonte Cryan: Man wolle zwar einige Aktivitäten ausbauen, „aber auch das bilanzintensive Geschäft – einen Luxus, den wir uns nicht mehr erlauben können – reduzieren“. An für die Kunden nützliche Lösungen wolle man festhalten, „einige esoterische Produkte aus der Vergangenheit“ rechneten sich aber schlicht und einfach nicht mehr.

Die Einsparungen kosten zunächst Geld

Finanzvorstand Marcus Schenck warnte, die geplanten Einsparungen würden zunächst einmal Geld kosten – etwa für Abfindungen. Zudem setzt die Bank auf mehr Effizienz durch neue Technik. Die bestehende bezeichnete Cryan als „ziemlich antiquiert“. Neben den Umbaukosten erwartet der Vorstand in der zweiten Jahreshälfte 2015 auch im Tagesgeschäft mehr Gegenwind. „Das zweite Halbjahr wird schwierig“, sagte Schenck, der wenige Wochen vor Cryan – am 21. Mai – seinen Job angetreten hatte.

Für eine Erhöhung der Dividende von zuletzt 0,75 Euro gebe es vor diesem Hintergrund wenig Spielraum, machte Cryan deutlich. Immerhin will er aber ohne weitere Kapitalerhöhung auskommen – wenn nicht unvorhergesehene externe Ereignisse die Bank dazu zwingen.

Einzelheiten zum geplanten Konzernumbau will die neue Führungsspitze im Oktober bekanntgeben. Er selbst arbeite derzeit 18 bis 20 Stunden am Tag daran, Lösungen für die zahlreichen Herausforderungen zu finden, sagte Cryan. Dennoch: „Es wird Jahre dauern, zu liefern.“ Einen kleinen Schuss Optimismus gönnte der Brite sich dann aber doch: „Ich glaube, die Bank kann das schaffen. Darum bin ich hier.“