Im Alexander-Stift in Korb wurde am Freitag der Brandschutz geübt. Nicht alles klappte wie geplant – wir waren bei der Übung dabei. Brände in sozialen Einrichtungen sind keine Seltenheit.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Betretene Gesichter in der Runde. „Die wäre tot“, meint eine Mitarbeiterin. „Rauchvergiftung“, sagt eine andere. Vermutlich haben die beiden Frauen recht: Zu lange hat es gedauert, den Brand in dem Zimmer im Alexander-Stift Korb zu finden. Gut, dass das Feuer aus einem angestrahlten Tuch besteht, und der Rauch aus der Nebelmaschine kommt. Der reglose Körper am Boden ist ein Dummy. Das Seniorenwohnheim für gut 40 Bewohner hat am Freitag, besetzt mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Ernstfall geprobt – mit durchwachsenen Ergebnissen.

 

Weil Bildschirme im Haus nicht wie geplant die Nummer des brennenden Zimmers, sondern einen feuerwehrinternen Code für den betroffenen Brandmelder anzeigen, haben die Mitarbeiter im falschen Stockwerk vergeblich nach dem Feuer gesucht. Immerhin: Nachdem das Feuer unauffindbar bleibt, schließt ein Mitarbeiter alle Brandschutztüren in den Hausfluren. Für den todgeweihten Dummy ist das nur ein schwacher Trost – aber immerhin hätte sich ein Brand nicht allzu weit ausgebreitet.

Der zweite Teil der Übung läuft besser. Zwar erntet Marc Müller, der Brandschutzbeauftragte des Alexander-Stifts, erst einmal ungläubige Blicke, als er erklärt, dass auch weibliche Mitarbeiter einen bettlägerigen Bewohner im Brandfall im Alleingang aus dem Haus schaffen könnten. Er demonstriert selbst, wie das geht: Das Geheimnis ist rot und liegt seit Neuestem unter jeder Matratze des Stifts. Mit einem speziellen Evakuierungstuch wird der Patient auf der Matratze festgeschnallt. Griffgurte am Kopfende erlauben es, das Tuch mitsamt der Matratze und dem Patienten darauf vom Bettrost zu ziehen. Das sieht auf den ersten Blick etwas ruppig aus, doch der Sturz wird durch die Matratze abgefedert – und der freiwillige Helfer, der als Bewohnerdouble fungiert, wird durch den Hausflur nach draußen gezogen. Müller betont, dass das Verletzungsrisiko bei dieser Rettungsvariante sehr gering sei. „Das funktioniert sogar über Treppen – nur die Haltung mit dem Kopf voran ist anfangs etwas ungewohnt“, sagt Müller – sowohl an die Mitarbeiter als auch an den Freiwilligen gerichtet.

Sogar Plastikblumen sind wegen des Brandschutzes tabu

Gaby Schröder, die Geschäftsführerin des Alexander-Stifts, erklärt, bis vor Kurzem hätte es nur unter den Matratzen von bettlägerigen Patienten solche Tücher gegeben. Um die Gefahr zu bannen, dass vertauschte Betten oder vergessene Rettungstücher im Ernstfall nicht an Ort und Stelle sind, habe man doch Tücher für alle Betten angeschafft. „Brandschutz ist einfach wichtig – schließlich geht es darum, zu verhindern, dass Menschen verletzt werden“, sagt Schröder.

In Einrichtungen wie dem Alexanderstift, wo sich viele Bewohner im Ernstfall nicht selbst helfen können, ist der Brandschutz immens wichtig. Das fängt mit schwer entflammbaren Vorhängen in den offen zugänglichen Bereichen an und geht so weit, dass sogar Plastikblumen auf Fluren und in den Gemeinschaftsräumen nichts mehr zu suchen haben. „Natürlich ist das schade, oft wollen Bewohner oder Angehörige uns damit eine Freude machen“, erzählt Schröder. „Es ist auch immer ein schmaler Grat zwischen Wohnlichkeit und Sicherheit.“ Doch die Sicherheit gehe im Zweifel vor.

Bis die Feuerwehr kommt, vergehen acht bis zehn Minuten

Brände in sozialen Einrichtungen sind keine Seltenheit. Bundesweit wurden laut dem Bundesverband Technischer Brandschutz in diesem Jahr bislang 118 davon registriert. Doch auch zu Fehlalarmen kommt es häufig. „Uns ist deshalb wichtig, dass wir zunächst intensiv üben, welche Maßnahmen bis zum Eintreffen der Feuerwehr ergriffen werden müssen“, sagt Müller. Meist vergehen acht bis zehn Minuten, bis die Wehrleute eintreffen. Auch ein Vertreter der Feuerwehr ist bei der Übung dabei und hilft, die Fragen der Mitarbeiter zu klären. Ob er sich denn nicht in Gefahr bringe, wenn er die Türe eines brennenden Zimmers öffne, will ein Mitarbeiter wissen. „Ob man hineingeht, ist natürlich immer die eigene Entscheidung. Ihr eigenes Leben geht vor – und niemandem ist geholfen, wenn sie nachher zu zweit dort im Zimmer liegen“, erklärt Marc Müller.

Zu jeder Übung gehört auch eine Nachbesprechung. Was ist gut gelaufen, was sollte verbessert werden? Die irreführende Anzeige auf den Infobildschirmen ist nur ein Punkt. Im Ernstfall, erklärt Müller, hätten die Mitarbeiter am besten sämtliche Zimmer nach dem Brandherd durchsuchen müssen – und dabei auch die Nebenräume nicht außen vor lassen. Die Übung mache zudem deutlich, dass Brandschutz und Pflegealltag nicht immer absolut kompatibel miteinander sind. So funktioniert die Evakuierungsdecke ganz gut – doch die Klettverschlüsse könnten beim Bettenmachen stören und das Pflegepersonal Zeit kosten, die es ohnehin schon zu wenig hat. Auch wenn bei der Übung nicht alles glattlief, zeigt sich die Geschäftsführerin Schröder zufrieden: „Dafür übt man ja schließlich“, sagt sie.