Getunte Kupferleitungen statt Glasfaserkabel: Die Filderstädter Teilorte Sielmingen und Harthausen sind in Sachen schnelles Internet abgehängt. Die Telekom will mit einem Trick gegensteuern. Der Wirtschaftsförderer sieht das kritisch.

Filderstadt - Der Zugang zum Internet ist so selbstverständlich wie der Zugang zu Wasser. Mit diesem Satz kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2009 ihre Breitbandoffensive an. Das erklärte Ziel: bis Ende 2018 alle deutschen Haushalte mit einem schnellen Internetanschluss ausrüsten. Zumindest in Teilen Filderstadts sieht die Bilanz in dieser Sache gar nicht so schlecht aus. In Bernhausen, Bonlanden und Plattenhardt sind in den Ortskernen 95 Prozent und drum herum mindestens 75 Prozent der Haushalte mit einem Anschluss mit 30 Megabit pro Sekunde versorgt, was als Grenze zur Unterversorgung gilt. In Harthausen und Sielmingen stellt sich die Lage etwas weniger schön dar, hier haben oft nur 50 Prozent der Haushalte schnelles Internet.

 

Allerdings ist Hilfe in Sicht. „In Harthausen und Sielmingen werden wir dieses Jahr noch die Leitungen ausbauen, dort sollen dann bis zu 100 Megabit pro Sekunde erreicht werden“, erklärt Hubertus Kischkewitz von der Deutschen Telekom, die den Großteil des deutschen Netzausbaus übernimmt.

Patrick Rapp von der Stadtverwaltung in Filderstadt hofft, dass der Ausbau auch tatsächlich kommt. „Genehmigt ist das schon länger, bisher haben da aber wohl technische Probleme den Start verhindert“, sagt der Wirtschaftsförderer. Die Stadt ist natürlich sehr an einem schnellen Netzausbau interessiert, schließlich ist schnelles Internet auch in Standortfaktor für Filderstadt.

Mit Glasfaserkabeln sind bis zu 1000 Megabit pro Sekunde drin

Aber was ist überhaupt schnelles Internet, und wozu ist es überhaupt nötig? Das ein Internetanschluss heutzutage beinahe unerlässlich ist, wird jedem klar, der schon einmal eine E-Mail bekommen oder einen Artikel im Netz gelesen hat.

Die zunehmende Digitalisierung bringt es allerdings mit sich, dass immer mehr Anwendungen und Aktivitäten einen größeren Datenverkehr verursachen, als es nur mit Text der Fall wäre. So wird beispielsweise über die Hälfte der verkauften Musik in Deutschland über Downloads aus dem Internet ausgeliefert, und auch beim Fernsehen verlagert sich ein großer Anteil auf Onlineangebote.

Damit dieses sogenannte Streaming von Medieninhalten reibungsfrei und in guter Qualität funktioniert, ist eine Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens zwei Megabit pro Sekunde nötig. Weil mehrere Nutzer und Anwendungen diesen Wert schnell in die Höhe treiben, sollte jedes Haus mindestens 50 Megabit pro Sekunde abkriegen, unter 30 Mbit/s wird von Unterversorgung gesprochen.

Besonders schnell wird das Internet, wenn das Signal über Glasfaserkabel statt über die bereits verlegten Kupfer-Telefonkabel übertragen wird. Glasfaser erreicht oft mehr als 1000 Megabit pro Sekunde. Diese Breitbandanschlüsse sind natürlich heiß begehrt, schließlich nervt es ungemein, wenn beim gemütlichen Filmgucken plötzlich das Bild stehen bleibt.

Die Stadt verlegt Leerrohre, wo sie nur kann

Doch genau hier sieht Filderstadts Wirtschaftsförderer Patrick Rapp das Problem. „Die Telekom beschleunigt oft lieber ihre alten Kupferleitungen, statt Glasfaserleitungen zu legen. Dabei ist klar, dass wir auf Dauer überall die schnellen Glasfaserkabel brauchen“, bemängelt er. Diese Beschleunigung der Kupferleitungen wird Vectoring genannt und wird oft als nicht zukunftsfähig beschrieben, weil nach aktuellem Stand der Technik bei 250 Megabit pro Sekunde Schluss ist.

Hubertus Kischkewitz von der Telekom hält dem entgegen, dass es sehr aufwendig ist, die Glasfaserkabel zu verlegen. „Wir müssen durch jede Straße und jeden Vorgarten neue Kabel legen, mit der Beschleunigung der Kupferleitungen können wir schneller mehr Menschen versorgen“, sagt er. Er verspricht auch, dass in den Neubaugebieten sofort Glasfaser verlegt wird.

Die Stadt kooperiert trotzdem auch auf überregionaler Ebene mit verschiedenen Stellen, um möglichst viele an die Glasfaserleitung zu bringen. Die Stadt darf zwar nicht in Konkurrenz zur Telekom treten, hat aber bei vergangenen Erdarbeiten schon leere Rohre verlegt, durch die künftig Glasfaserkabel gezogen werden können.