Der Brenn- und Schweißspezialist Jebens agiert in Korntal-Münchingen im Kallenberger Industriegebiet mit tonnenschwerem Material. Doch so groß die Gewichte sind, so präzise werden sie bearbeitet. Und manchmal ist auch die Polizei gefordert.

Korntal-Münchingen - Aufmerksamkeit erregt die Polizei längst nicht mehr, wenn sie ins Kallenberger Industriegebiet fährt. Das tut sie seit Jahren, wenn ein Lastwagen Stahlplatten breiter als 3,50 Meter in die Daimlerstraße liefert, wenn sie Straßen sperren oder aufpassen muss, dass jener Laster beim Rangieren geparkte Autos heil lässt. Die Stahlplatten kommen in die Lager- und Produktionshalle von Jebens. Das Unternehmen – ein führender Brenn- und Schweißspezialist – bearbeitet im Jahr 60.000 Tonnen Stahl. 30.000 Tonnen Grobbleche im Wert von 24 Millionen Euro lagern in Kallenberg. Entsprechend viel Verkehr passiert die Daimlerstraße: „Jedes Jahr fahren 3000 Lkw zu uns, deutlich mehr fahren wieder raus. Rund 10. 000 Einzelteile laufen hier durch“, sagt der Geschäftsführer Carsten Schmickler.

 

„Wir händeln die Stahlplatten, als wären sie Butterbrote“

Im Vergleich zu drinnen lässt sich das Treiben draußen aber fast als beschaulich bezeichnen: Ein Kran zieht die bis zu 65 Zentimeter dicken und bis zu 35 Tonnen schweren Stahltafeln zunächst mit einem Magneten an. „Wir händeln sie, als wären sie Butterbrote“, sagt Schmickler, dessen Großvater und Onkel es auch in die Stahlindustrie verschlagen hat. Warum die Arbeit mit Stahl den Betriebswirtschaftler so fasziniert: Die Produktion, bei der Gewicht und Präzision verbunden würden, sei recht händisch und sehe „archaisch“ aus: Die Mitarbeiter brennschneiden und schweißen die Stahlplatten mit Feuer und Flamme, selbst die entstehende Schlacke entfernen sie selbst. Funken fliegen durch die Luft, grelles Licht blitzt auf, es raucht, dampft, zischt, es ist laut. Auch wer sich in der Halle nur aufhält, muss Schuhe mit Stahlkappe und eine Schutzbrille tragen und bekommt Ohrstöpsel. Schmickler lacht: „Besucher kriegen immer große Augen.“

Die gefertigten großen, schweren Teile und komplexen Schweißbaugruppen inklusive mechanischer Bearbeitung, Wärmebehandlung und Lackierung gehen überwiegend in den Maschinen- und Anlagenbau sowie in Baumaschinen und Nutzfahrzeuge. In diesen Branchen macht Jebens mehr als vier Fünftel des Umsatzes von rund 65 Millionen Euro im Jahr. Seine Komponenten stecken in Werkzeugmaschinen, Pressen, Spritzgussmaschinen oder Kränen. Bei Hafenkränen und Fahrzeugen, die Container und schwere Industriegüter stapeln und verladen, sind sie die Gegengewichte, damit jene stabil stehen. Wenn mal ein Kran umkippt, treibt es Carsten Schmickler Schweißperlen ins Gesicht. Aber nur kurz. „In der Regel ist ein Bedienfehler für den Unfall verantwortlich“, sagt der 48-jährige Familienvater.

Ansprüche der Kunden steigen

Schmickler lenkt Jebens’ Geschicke seit gut sieben Jahren. Der frühere Familienbetrieb, gegründet 1950 von Siegfried Jebens in Stuttgart als Eisengroßhandlung, hat sich zu einem Mittelständler mit 200 Mitarbeitern, Lehrlingen und Praktikanten an zwei Standorten entwickelt. 1990 kauften die Dillinger Hüttenwerke (Saarland) Jebens. Von dem größten Grobblechwerk Europas bezieht der Schweißspezialist vier Fünftel der Bleche. „Aus einem einfachen Teilelieferant ist ein Partner und Komplettdienstleister für den Maschinenbau geworden“, sagt Schmickler. Es gebe kaum Betriebe, „die so intensiv Stahl bearbeiten wie wir“. Der 48-Jährige berichtet von bundesweit zwei, drei Wettbewerbern. Meist würden die Betriebe nur brennen oder schweißen. Jedoch würden die Teile komplexer und stiegen die Ansprüche der Kunden, die sich verstärkt auf ihre Kernkompetenzen konzentrierten, nach gänzlich einbaufertigen Baugruppen. Sie wünschten quasi alles aus einer Hand. Deshalb baut Jebens seine Schweißkompetenz stetig aus und investiert in die Technik. Auch, um flexibler und schneller reagieren zu können.

Standort in Kallenberg stimmt unzufrieden

So zufrieden der 48-Jährige mit der Entwicklung des Unternehmens ist, so unzufrieden stimmt ihn der „nicht ideale“ Standort: Jebens zog Anfang der 1960er Jahre nach Korntal-Münchingen. „Wir haben weder eine direkte Bahnverbindung, weshalb wir in Kornwestheim auf Lastwagen umladen müssen, noch die Möglichkeit zur Erweiterung“, sagt Schmickler. Als Folge eröffnete Jebens 2015 einen zweiten Standort im bayerischen Nördlingen. 15 Mitarbeiter fertigen dort vor allem Teile aus Stahl mit einem Gewicht bis zu 160 Tonnen. Die Zahl der Beschäftigten wächst, die Zukunft im Strohgäu bleibt ungewiss.