Die frühere RAF-Terroristin Becker soll wegen Beihilfe zum Mordanschlag auf Buback verurteilt werden.

Stuttgart - Die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker soll nach dem Willen der Bundesanwaltschaft wegen Beihilfe zum Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback ins Gefängnis. Die Ankläger beantragten eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Becker habe Beihilfe zu dem Attentat im Jahr 1977 geleistet. Vom ursprünglichen, schwerer wiegenden Vorwurf der Mittäterschaft rückte die Bundesanwaltschaft ab. Das Gericht will am 6. Juli ein Urteil verkünden.

 

Becker habe bei einem Vorbereitungstreffen von Mitgliedern der „Rote Armee Fraktion“ zum Jahreswechsel 1976/77 auf eine rasche Ausführung des Mordanschlags gedrängt und damit andere Terroristen beeinflusst. Damit habe sie bei der Entscheidung für das Attentat einen entscheidenden Tatbeitrag geleistet, sagte Oberstaatsanwältin Silke Ritzert in ihrem Plädoyer am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.

Nur Beihilfe?

An der unmittelbaren Ausführung des Attentats am 7. April 1977 sei Becker jedoch nicht beteiligt gewesen. Insgesamt sei ihr Tatbeitrag von untergeordneter Bedeutung und deshalb als Beihilfe zu werten. Bei der Strafvollstreckung sei zu berücksichtigen, dass die 59-Jährige bereits eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt habe. Es dürfe ihr kein Nachteil daraus entstehen, dass die Beteiligung am Buback-Mord nicht schon bei ihrer früheren Verurteilung einbezogen wurde. Deshalb sollten zwei Jahre als verbüßt gelten. Eine Aussetzung zur Bewährung wäre aber nach dem Antrag der Bundesanwaltschaft nicht möglich.

Der Sohn des Opfers, Nebenkläger Michael Buback, sagte zu Beginn seines Plädoyers, die von der Bundesanwaltschaft genannten Vorwürfe würden gegenüber der Ausführung des Anschlags verblassen. Ein bloßes Anstacheln zur Tat sei nicht geeignet, „eine Verurteilung zu tragen“. Buback sprach von „unfassbaren Pannen“ bei den Ermittlungen. Er beanstandete unter anderen, dass es teilweise keine Gegenüberstellungen von Zeugen mit Verena Becker gegeben habe. Außerdem fehlten Aussagevermerke in den Akten. Buback zählte eine Reihe von Hinweisen auf, die nach seiner Ansicht dafür sprechen, dass eine Frau auf dem Soziussitz des Tatmotorrads saß. Er hält es für wahrscheinlich, dass Verena Becker selbst seinen Vater erschoss.

Bundesanwalt: "Schützende Hand" gab es nicht

Bundesanwalt Walter Hemberger hatte bereits am Dienstag in seinem Plädoyer eine Art vorsorgliche Verteidigung gegen den Nebenkläger geführt. Es verwies auf den hohen Zeitdruck bei den ersten Vernehmungen nach der Tat. Auch seien Gegenüberstellungen bei Zeugen, die aus größerer Entfernung Motorradfahrer mit Integralhelmen gesehen haben, nicht angebracht. Der These, es habe eine „schützende Hand“ für Becker gegeben, hatte Hemberger energisch widersprochen.

Wer die beiden Terroristen waren, die von einem Motorrad aus die tödlichen Schüsse auf Buback und seine beiden Begleiter abgaben, konnte auch in dem mehr als anderthalb Jahre dauernden Prozess nicht geklärt werden. Oberstaatsanwältin Ritzert zeigte sich jedoch überzeugt, dass es drei Männer waren, die das Attentat ausführten - zwei auf dem Motorrad und ein weiterer im Fluchtfahrzeug, in das die Attentäter später umstiegen. Die Bundesanwaltschaft hält mittlerweile Beckers Aussage für plausibel, dass sie am Tag der Tat im Nahen Osten unterwegs war.

Dennoch wiege die Tat schwer, sagte Oberstaatsanwältin Ritzert - auch wenn Becker nur „psychische Beihilfe“ geleistet habe und ihr eine Beteiligung an konkreten Vorbereitungshandlungen nicht nachzuweisen sei. Mildernd berücksichtigte die Anklagevertreterin, dass sich Becker in den 80er Jahren von der RAF abgewandt habe - als Zeichen dafür wertete sie, dass Becker während ihrer Haftzeit mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet habe. Allerdings sei die Abkehr vom Terrorismus „nicht von Reue geprägt“ gewesen.

Das Plädoyer Bubacks soll am Freitag fortgesetzt werden.