Die Trockenheit hat auch hierzulande ihre Folgen im Wald – wenn auch nicht so katastrophal wie anderswo in der Republik. Im Harz zum Beispiel werden zurzeit ganze abgestorbene Fichtenwälder abgeholzt. Dank Buche und Co. ist das hierzulande anders.

Ditzingen - Zehn, zwölf mächtige Bäume ragen in den Himmel. 35 Meter hoch sind sie, ihre Kronen bilden ein Dach am Eingang des Ritterwaldes bei Ditzingen-Heimerdingen. An zwei, drei der Buchen sind die Blätter schon gelb – das Zeichen für Trockenheit. Dieser Zustand stellt sich sonst erst Ende September ein. Aber was ist in diesen Zeiten schon normal im Wald. „Diese Bäume haben auch weniger Blätter als üblich“, erklärt Steffen Frank, der Leiter des Forstreviers, das über Hemmingen bis Eberdingen reicht. Denn die Bäume leiden unter der Dürre. „Noch ist das keine Katastrophe, aber eine besorgniserregende Situation“, charakterisiert der 56-Jährige die Situation. In den Wäldern im übrigen Landkreis ist es ähnlich.

 

Frank kennt seine 1000 Hektar Wald seit fast 30 Jahren, und ihm schwant Schlimmes. Die seit drei Jahren andauernde Trockenheit wird kein Ende nehmen. Erst neulich habe er dazu ein Seminar der forstlichen Forschungsanstalt des Landes besucht. Ergebnis zum Thema Klimaveränderung: „In 50 Jahren werden die völlig normalen Sommer so sein wie die Hitzesommer jetzt seit 2018.“ Gleichmäßigen nennenswerten Regen im Sommer, wie es früher einmal war und wie es für die Pflanzen und Bäume gut ist, werde es nur noch selten geben – und wenn, dann unregelmäßig. Das habe man schon wieder in den vergangenen Wochen gemerkt: „In Schöckingen regnet es ein bisschen, in Heimerdingen gar nicht.“

Ein kurzes Gewitter reicht nicht

Ein paar Tropfen, zehn Minuten Gewitter – das reicht dem Wald lange nicht. Die Böden sind schon so ausgetrocknet, dass die Bäume leiden. „Unter zehn Litern pro Quadratmeter kommt am Boden nichts an“, erklärt Michael Nill, der Leiter des Forstbereichs im Landratsamt. Ein bisschen Wasser von oben bleibe in den Blättern hängen oder verdampfe.

In Franks Revier sieht es im Vergleich zum Schwarzwald oder Harz noch gut aus. Denn hier sind die Nadelhölzer, wie die am schlimmsten betroffene Fichte, in der Minderheit. Es präsentiert sich ein schöner Laubmischwald mit Buchen, Eichen, Eschen und Ahorn. „1990 beim Sturm Wiebke und 1999 bei Lothar sind vor allem Fichten umgefallen“, erzählt Frank. Damals wurde Laubholz nachgepflanzt, und das sind heute stattliche Bäume. Aber auch die kränkeln – oder sie zeigen deutlich, dass sie Durst haben: Sie werfen zu früh die Blätter ab. Herbst im August.

Gießen im Wald geht nicht

Was machen die Forstleute? Den Wald zu gießen, das gehe gar nicht. „Außerdem ist Trinkwasser dafür viel zu schade.“ Und der Regentanz steht (noch?) nicht auf dem Seminarplan. Also bleibt nur: abgestorbene Bäume zu fällen, die Äste als Totholz für Kleintiere und als Naturdung liegen zu lassen, und das Stammholz weg zu schaffen. Und dann nachzupflanzen – Bäume, die Wärme und Trockenheit vertragen. Wie die Douglasie als Ersatz für die abgehende Fichte, und die Traubeneiche. „Der Rest der Laubbäume verjüngt sich von selbst“, meint Frank optimistisch.

Für die Forschungsanstalt pflanzt er im Herbst eine 1,5 Hektar große Versuchsfläche. In 30 Jahren sollen die Trauben-, die Flamm- und die Zerreiche zeigen, wie sie die Verhältnisse mögen. „Wir fangen an, die nächste Förstergeneration muss weitermachen. Wenn alles nichts hilft, brauchen wir fremde Hölzer wie die Atlaszeder aus Afrika oder den Tulpenbaum aus Nordamerika.“ Franks Fazit: „Wir haben ein Problem. Aber wir haben einen Plan.“

Stabile Laubmischwälder entstanden

Ähnlich sieht es in den anderen acht Forstrevieren im Landkreis Ludwigsburg aus. Die Trockenheit mache vor allem den Fichten und Rotbuchen zu schaffen, erklärt Michael Nill. Durch die Nachpflanzungen nach den starken Stürmen seien „stabile Laubmischwälder entstanden“. Auch jetzt wieder sei die Kiefer stark abgängig, vor allem in den Revieren Sachsenheim, Bönnigheim und Vaihingen an der Enz – aber nicht durch den Borkenkäfer, „sondern ausschließlich wegen der Trockenheit“.

Wobei die gemessenen Niederschlagswerte im Landkreis von Gebiet zu Gebiet unterschiedlich sind. So sei beispielsweise in den Revieren Forsthof und Bottwartal deutlich mehr Regen registriert worden als anderswo. Die Erklärung: „Dort fällt der Regen an den Steigungen zum schwäbisch-fränkischen Wald. Dort sind die Buchen noch grün, im Strohgäu gehen sie schon in den Herbstmodus.“ Im Gebiet Bietigheim und Besigheim spüre man das wärmere Weinbauklima im Wald.

Wie sieht Nill die Zukunft des Waldes im Landkreis Ludwigsburg, der zu den waldärmsten im Land gehört? „Fichten und Tannen haben als Hauptbaumarten keine Chance mehr.“ Das werde wohl die Eiche werden, weil sie am besten mit den höheren Temperaturen zurechtkomme. Als Partnerbäume kämen Hainbuchen und Winterlinde als natürliche Verjüngung dazu, die Elsbeere pflanze man dazu.

Die Esche

„Die Esche ist eine ganz alte Baumart“, erzählt Förster Steffen Frank, „diesen Baum haben schon unsere keltischen Vorfahren gekannt. Sie nannten ihn Yggdrassil.“ Er galt als Weltenbaum – und war in der germanischen Mythologie wie bei den Wikingern der Mittelpunkt eines Systems aus Bedeutungen und Symbolen. Die Esche ist einst über das Baltikum und Norddeutschland zu uns eingewandert. Der schöne Baum ist häufig nicht gesund. Er kämpft dann mit einem Pilz, der das Eschentriebsterben auslöst. Diese Krankheit führt allmählich zum Tod einer Esche.

Die Buche

Förster Frank hat Respekt vor der Buche – nicht nur, weil sie die Hälfte aller Bäume in seinem Bestand stellt. „Ohne die Eingriffe des Menschen hätten wir einen reinen Buchenwald“, erklärt der Wald-Profi. Die Buche sei optimal. Ihre Wurzeln reichen bis zu zwei Meter tief, Fachleute nennen dies ein „Herzwurzelsystem“. Sie kommt mit den Verhältnissen klar, und sie darf in hiesigen Wäldern, in denen auch auf den Ertrag geschaut wird, 120 bis 140 Jahre alt werden. Die Buche verjüngt sich so, ohne dass der Förster sie nachpflanzt, weil sie stark aussamt.

Die Eiche

Die Eiche gibt es eigentlich nicht, denn es gibt verschiedene Eichen-Arten. Für die hiesigen Wälder sind die Trauben- und die Stieleiche am wichtigsten. „Die Eiche ist ein Alleskönner“, beschreibt Förster Frank diesen Baum. Die Eiche wird sehr alt; Bäume mit 30 oder 40 Metern Höhe erreichen gut und gerne 200 Jahre. Ihr Holz ist sehr hart – und beliebt: für Möbel, für Parkett, für Weinfässer. Auch mit Trockenheit, so Frank, kommt die Eiche gut klar. Für wirklich trockene Jahre sei die Traubeneiche am besten – und deshalb wird sie jetzt auch häufig gepflanzt.

Die Fichte

Die Fichte leidet sehr – besonders, wenn sie nur mit ihresgleichen gepflanzt wurde. Diese Monokulturen erleichtern es dem Borkenkäfer: Er sucht sich 60 bis 80 Jahre alte Fichten, um unter ihrer Rinde seine Eier abzulegen. Die jungen Käfer fressen Gänge, die Rammelkammern, diese zerstören die Wasserkanäle des Nadelbaums – er stirbt ab. Die Fichte wächst schnell, ihr Holz taugt als Bauholz. Ihre Wurzeln reichen nur einen halben Meter tief – deshalb erträgt die Fichte Trockenheit sehr schwer. Die Nadeln der Fichte stupfen, die der Tanne nicht.

Die Douglasie

Die Douglasie müsste Försters Liebling werden: Sie wurzelt tief – und kommt deshalb mit Trockenheit sehr viel besser zurecht als die Fichte. Sie braucht Zeit zum Anwachsen, bildet dann aber sehr hartes Holz. Der Baum wächst sehr schnell, und er bindet sehr viel mehr CO2 als viele andere Bäume im Wald. „Die Douglasie wird die Fichte ersetzen“, meint Förster Frank, „sie ist bei den Nadelbäumen der Gewinner der Klimaentwicklung. Eine tolle Baumart.“ Noch etwas, für Wald-Wanderer: Reiben Sie an den Nadeln einer Douglasie – sie riechen nach Grapefruit.

Die Atlaszeder

Zu diesem erst drei Jahre alten Baum hat Förster Frank eine besondere Beziehung. Wie der Name sagt, kommt die Atlaszeder aus dem Gebirge in Nordafrika. „Das sind harte Knochen“, meint Frank. Die Atlaszeder liebt warmes Klima und ist immergrün. Wenn es ihr an einem Standort gefällt, wird sie bis zu 40 Metern hoch und viele Hundert Jahre alt. Dann kann der Stamm mehr als zwei Meter dick werden. Die hiesigen Forstleute wollen, wie die Franzosen, mit diesem Baum Erfahrungen sammeln – die ersten 50 haben sie im vergangenen Jahr gepflanzt.