Antje Rávik Strubels „Blaue Frau“ verbindet das Trauma einer jungen Frau mit den Lebenslügen Europas. Die Jury des Deutschen Buchpreises hat das überzeugt.

Stuttgart - Diese Frau will Gerechtigkeit, aber sie kennt keinen Anwalt, sie spricht die Landessprache nicht, sie hat kein Geld. Die ersten Seiten des Romans, für den Antje Rávik Strubel jetzt mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet worden ist, skizzieren fast klinisch das Porträt einer jungen Frau im Griff ihrer posttraumatischen Belastungsstörung. Alles – die Geräusche, die Gegenstände in der kärglichen finnischen Plattenbauwohnung, ihr eigener Körper, ihre Vergangenheit und ihre Gegenwart – hat seinen Zusammenhalt verloren. Nicht einmal ihr Name scheint ihr noch zu gehören. Adina ruft ihre Mutter sie. Sala nennt sie ihr Geliebter. Nina hieß sie für die Männer, die ihr Gewalt angetan haben. Der Schutzname, den sie sich selbst gibt, ist „Kleiner Mohikaner“.