Red Bull hat 2021 das Budgetlimit um bis zu 7,25 Millionen Dollar überzogen. Die Summe genügt, um sich einen ordentlichen technischen Vorsprung zu verschaffen – das Strafmaß jedoch ist ein heißes Eisen.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Auto-Doping oder Finanzbetrug. So könnte man das Vergehen nennen, dessen sich Rennstall Red Bull schuldig gemacht hat. Bei 145 Millionen Dollar (damals etwa 135 Millionen Euro) war der Etat 2021 der Teams für bestimmte Ausgaben gedeckelt. Der Automobil-Weltverband Fia hat herausgefunden, dass die Truppe um Doppelweltmeister Max Verstappen mehr ausgegeben hat. Die Frage, welche Strafe angemessen ist, führt die Fia in ein Dilemma. Ein Überblick zur aktuellen Gemengelage.

 

Um wie viel Millionen hat Red Bull 2021 die Ausgabengrenze überschritten? Laut Fia handelt es sich um einen Verstoß mit einer geringfügigen Summe – in der Definition des Dachverbands bedeutet dies weniger als fünf Prozent des erlaubten Maximums. Damit dürfte Red Bull höchstens 7,25 Millionen Dollar zu viel ausgegeben haben.

Wie sind die Mehrausgaben zu bewerten? „Wenn es einen Regelbruch gab, muss eine beträchtliche Strafe folgen“, sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto in Japan und erläuterte, dass zusätzliche „ein bis zwei Millionen Dollar ein Auto um bis zu 0,2 Sekunden pro Runde schneller“ machen könnten. Kleine Teams haben ein Entwicklungsbudget von 2,5 Millionen, die meisten Rennställe geben um die vier Millionen Dollar aus. Sollte Red Bull gar sieben Millionen mehr investiert haben, hätten sie 2021 ihr Auto regelrecht gedopt. 7,25 Millionen sind alles andere als eine geringfügige Überschreitung.

Welche Strafen sind möglich?

Alles, von Aberkennung von WM-Punkten für die Fahrer und das Team über eine Grand-Prix-Sperre und eine Geldstrafe bis hin zu einer bloßen Verwarnung. Bis zu fünf Jahre können Verstöße gegen das Kostenreglement rückwirkend geahndet werden.

Muss Verstappen um Titel 2021 bangen?

Die Fia verwies darauf, dass nur ein schwerwiegender Verstoß zum Abzug von WM-Punkten führe, was ein Fingerzeig war – die Wahrscheinlichkeit, dass Verstappen den Titel 2021 verliert, tendiert gegen null.

Warum hat die Fia noch kein Urteil gefällt?

Diese Strafe ist ein heißes Eisen, da es sich bei Red Bull um den Ersttäter in Sachen Budgetüberziehung handelt. Ein zu mildes Strafmaß würde nicht abschrecken und zur Nachahmung einladen, ein gefühlt zu hartes würde den prominenten Rennstall verprellen, der für das Image der Serie wichtig ist. Die Entscheidung fällt das Cost Cap Adjudication Panel (CCAP), das aus sechs bis zwölf unabhängigen Sachverständigen besteht.

Was fällt nicht unter das Budgetlimit?

Die Liste der Ausnahmen ist umfangreich. Dazu zählen sämtliche Marketingaktivitäten und solche, die keinen Bezug zur Formel 1 haben, die Gehälter von drei hochrangigen Mitarbeitern sowie die der Fahrer sowie sämtliche Reisespesen für alle Teammitarbeiter, Gebühren für Einschreibungen und Lizenzen, Geldstrafen, Kosten für Personalverwaltung, Finanzdienstleistungen, Rechtsbeistand und Gebäude.

Kann man beim Budgetlimit betrügen, indem ein Team Leistungen auslagert und zu Schnäppchenpreisen wieder einkauft?

Im Grunde ist das fast ausgeschlossen. Die Cost Cap Administration (CCA) der Fia hat bestimmte Werte für Gegenstände und Leistungen festgelegt, so dass kein Rennstall ein Monocoque für einen Dollar abrechnen kann. Auch die Transaktionen zwischen verschiedenen Tochterunternehmen der Teams müssen vorgelegt werden, die vom Weltverband von Experten bewertet werden. Die Teams müssen zudem regelmäßig Zwischenstände der Etats melden. Mauscheleien, so ein Insider, seien da kaum möglich – oder nur mit hoher krimineller Energie.

Wie beurteilt Red Bull die Vorwürfe?

Das Team zeigte sich „überrascht“ und „enttäuscht“ über die Vorwürfe, es sei weiter überzeugt, das Ausgabenlimit eingehalten zu haben und will juristische Mittel prüfen.