Eine eigene App für digitale Bürgerbeteiligung – dem Herzensprojekt von Bürgermeister Christian Walter steht der Gemeinderat angesichts der Kosten eher kritisch gegenüber.

Weil der Stadt - Eine transparente, moderne Form der Bürgerbeteiligung hatte Bürgermeister Christian Walter bei seinem Wahlkampf vergangenes Jahr immer wieder als eines seiner Kernthemen benannt – und dabei auch immer wieder ganz explizit von einer App für die Stadt gesprochen, etwa nach Tübinger Vorbild, wo die Bürgerinnen und Bürger über das Smartphone über verschiedenste Themen abstimmen können. In der jüngsten Sitzung des Weiler Gemeinderats, fast genau ein volles Jahr nach seinem Amtsantritt, hat Walter nun einen Vorstoß in Sachen Bürgerbeteiligung gewagt und den versammelten Gemeinderäten Ideen zu einer Bürgerapp präsentiert – dafür allerdings nicht viel Enthusiasmus erhalten.

 

App soll Terminbuchung und Schadensmelder enthalten

Allerhand können soll die App: Zum einen informieren, über Neuigkeiten aus dem Rathaus oder aus der Stadt, über Termine und Veranstaltungen. Auch eine Online-Terminvereinbarung oder ein digitaler Schadensmelder könnten in die App eingebaut werden. Und besonders im Zuge der oft genannten Bürgerbeteiligung könnte die App eingesetzt werden, etwa mit einer Mitmachbörse oder digitalen Pinnwänden, auf denen Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen und Wünsche ergänzen können.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Im Netz bleibt Leonberg für viele unerreichbar

Hand in Hand mit der Entwicklung einer App soll laut Beschlussvorlage auch der Relaunch der Homepage gehen. Das ist zwar teurer, laut Bürgermeister aber aus mehreren Gründen sinnvoll. Zum einen müssen die Internetauftritte öffentlicher Stellen, so will es eine EU-Richtlinie, barrierefrei gestaltet werden – eine Aufgabe, die der Stadt Weil der Stadt also ohnehin noch bevorsteht.

Mobile Ansicht der Homepage ist veraltet

Zum anderen haben die Browser-Ansicht der städtischen Homepage und die mobile Ansicht über das Smartphone zwei unterschiedliche Content-Management-Systeme. Informationen müssen also einzeln eingespeist werden und sind deshalb in manchen Fällen auch nicht mehr aktuell. So werde der Marktplatz in der mobilen Version noch als Parkplatz gelistet. Und noch einen Vorteil des Relaunches merkt Walter an: „Wir wollen den Tourismus-Aspekt aufwerten“, sagt er. Den touristischen Teil der Internetseite könne man trennen und überarbeiten.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Ohne Schnörkel und leicht zu nutzen

Insgesamt, so wünscht es sich Walter, solle am Ende „alles aus einer Box“ kommen, also ein Programm für Homepage und App gelten. Auch deshalb habe man trotz neuer App keinen höheren Personalaufwand. Mit der Digitalisierung einiger Angebote, etwa dem Schadensmelder, könne man sogar den Aufwand der Verwaltung minimieren. „Man könnte es als Gesamtprojekt betrachten“, betont Walter.

Gemeinderäte von Kosten abgeschreckt

Bei aller Begeisterung seitens der Verwaltung bleiben die Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung zunächst zurückhaltend. „Man merkt, das ist bei Ihnen ein Herzensprojekt“, sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Hans Dieter Scheerer. „Aber ich tue mich schwer, dieser Vorlage, so schön sie ist, zuzustimmen.“ Eine Bürgerapp sei „nice to have“, sende angesichts der finanziellen Lage der Stadt aber falsche Signale an die Bürgerschaft. „Ich glaube, es ist richtig und wichtig“, sagt SPD-Stadtrat Felix Mayer. „Aber ich kann dem heute angesichts der Haushaltskonsolidierung nicht zustimmen.“

Lesen Sie aus unserem Angebot: Handel – Der Weil-der-Stadt-App fehlt das Publikum

Denn: App und Relaunch kosten nicht wenig, insgesamt knapp über 70 000 Euro hat der Anbieter Hitcom, der bereits die aktuelle Homepage der Stadt betreut, angegeben. „Das ist keine Kleinigkeit“, betont auch Jürgen Widmann, Vorsitzender der Freien Wähler. „Vielleicht fangen wir kleiner an.“ Ein schrittweises Vorgehen wünscht sich auch CDU-Vorsitzender Martin Buhl, sagt aber: „Eine moderne Bürgergesellschaft lebt von Information und Transparenz. Wir sollten uns hier nicht so verschließen.“

Beschluss wird noch einmal vertagt

Einigkeit herrscht am Ende der Diskussion nicht. Welche Schritte Priorität haben und an welchen Ecken und Enden des Projekts man noch sparen könnte, soll nun noch einmal im Finanz- und Verwaltungsausschuss diskutiert werden, bevor der Beschluss erneut dem Gemeinderat vorgelegt wird. „Ich kann Ihre Wortmeldungen nachvollziehen“, gesteht Christian Walter noch. Die Homepage bleibe ohne Relaunch aber wie sie ist – „unglücklich“.