Die Fieserbrücke im Herzen der Kurstadt ist für viel Geld saniert worden. Jetzt haben die Bürger das Wort, ob die Brücke Flaniermeile oder Autostraße wird.

Baden-Baden - Brücken verbinden ja normalerweise, aber sie können auch spalten. Ausgerechnet in der kleinsten Weltstadt des Globus, im mondänen Baden-Baden, trennt die Fieserbrücke im Moment die Bürgerschaft in zwei Hälften. Normalerweise plätschert unter der nach dem früheren Oberbürgermeister und Ehrenbürger Reinhard Fieser (1867-1960) benannten und seit 1928 rund 37 Meter breiten Verbindung zwischen Stadtzentrum und Kurviertel friedlich die Oos. Doch oben auf dem gerade für 3,75 Millionen Euro grundlegend sanierten Kulturdenkmal brodelt es. Fußgängerzone oder zeitlich begrenzt zugelassener Durchgangsverkehr? Rund 43 000 Baden-Badener dürfen parallel zur Bundestagswahl am 26. September in einem Bürgerentscheid den Gordischen Knoten durchschlagen.

 

Auch im Rathaus und im Gemeinderat war die Meinung lange Zeit gespalten und ist es teilweise immer noch. Amtsinhaberin Margret Mergen (CDU) plädiert, so wie die bürgerliche Mehrheit im Gemeinderat, für die zeitweise Offenhaltung der Fieserbrücke zwischen 19 Uhr und 11 Uhr am nächsten Tag. Alexander Uhlig, Erster Bürgermeister und Baudezernent (ebenfalls CDU), hält seit Monaten dagegen. Die Fieserbrücke soll Flaniermeile werden, Lieferverkehr bis 11 Uhr bleibe natürlich möglich.

Im Gemeinderat gibt es eine Mehrheit für zeitweisen Autoverkehr

Im Baden-Badener Gemeinderat gehen die Meinungen ebenfalls weit auseinander. Anwohner benachbarter Straßen fürchten eine Mehrbelastung bei einer Sperrung, Handel und Gastronomie sorgen sich ums Geschäft, wenn die Sperrung nicht kommt. Erstes Zwischenergebnis im April dieses Jahres: Nach diversen Vorschlägen und mehreren Abstimmungen fand die Öffnung von 19 bis 11 Uhr eine Mehrheit im Stadtparlament.

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Aber: Sofort regte sich Widerstand, eine Bürgerinitiative aus Händlern, Gastronomen und Anwohnern gründete sich. Innerhalb weniger Wochen waren die erforderlichen Unterschriften für ein Bürgerbegehren beisammen und den Kommunalpolitikern blieb nichts anderes übrig als die Volksabstimmung zuzulassen.

Den Wählerinnen und Wählern präsentiert sich die Stadt nun im Vorfeld des Bürgerentscheids am 26. September augenscheinlich neutral: In einer zwölfseitigen Broschüre werden Informationen über den Wahlablauf gegeben; danach wird den Fraktionen, der Oberbürgermeisterin und ebenso der Bürgerinitiative Raum eingeräumt für ihre politischen Bewertungen. Die Meinung des Baubürgermeisters ist dagegen ganz unter den Tisch gefallen.

Für die Bürger ist es nicht ganz einfach, sich eine Meinung zu bilden

Ob das, was in den höchst widersprüchlichen Äußerungen der OB, der Fraktionen und der Bürgerinitiative behauptet wird, auch der Faktenlage entspricht, müssen sich die Wählerinnen und Wähler im Übrigen aber selbst zusammenreimen. So behaupten die einen zum Beispiel, Fahrräder müssten künftig unter Umständen über die Brücke geschoben werden, die anderen sagen, Radverkehr sei auch weiterhin möglich. Es ist deshalb nicht leicht für die Bürgerinnen und Bürger, sich selbst eine Meinung zu bilden.

Die Baden-Badener Oberbürgermeisterin Margret Mergen, die gerade 60 Jahre alt geworden ist, tritt bei der nächsten OB-Wahl im März nächsten Jahres erneut an. So gesehen könnte der Bürgerentscheid Ende September für sie auch der erste Prüfstein werden, wie gut sie und ihre Positionen in der Bevölkerung verankert sind.