Die Lage für rund 400 000 im syrischen Ost-Ghuta ist verheerend, seit 2013 wird das Gebiet von Regierungstruppen belagert. Ab Dienstag sollen die Waffen täglich für ein paar Stunden schweigen, um Hilfen zu ermöglichen. Doch hält die Feuerpause?

Damaskus/Moskau - Im umkämpften syrischen Rebellengebiet Ost-Ghuta hat eine fünfstündige Feuerpause begonnen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Dienstagmorgen, zunächst sei dort weitestgehend Ruhe eingekehrt.

 

Die Feuerpause soll Hilfslieferungen für die notleidenden Menschen in der belagerten Region ermöglichen. Außerdem sollen Korridore geöffnet werden, durch die Zivilisten das Gebiet verlassen können. In Ost-Ghuta sind rund 400 000 Menschen fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Waffenruhe geht auf eine Anordnung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurück, wie das Verteidigungsministerium in Moskau erklärt hatte. Die Feuerpause soll auch in den nächsten Tagen zwischen 9.00 und 14.00 Uhr (Ortszeit - 8.00 bis 13.00 Uhr MEZ) gelten. Russland ist einer der wichtigsten Verbündeten der syrischen Regierung.

Kritiker: Feuerpause viel zu kurz

Kritiker bemängeln, dass die Feuerpause viel zu kurz sei. Darüber hinaus hätten viele Menschen Angst vor Übergriffen durch syrische Regierungstruppen, wenn sie die belagerte Stadt verlassen.

In den vergangenen Tagen war die Forderung des UN-Sicherheitsrates nach einer 30 Tage langen Waffenruhe in Syrien wirkungslos geblieben. Ost-Ghuta hatte in den vergangenen neun Tagen die schlimmste Angriffswelle der Regierung seit Beginn des Bürgerkriegs vor fast sieben Jahren erlebt. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, mehr als 560 Zivilisten seien getötet worden.

Kurz vor Inkrafttreten der Feuerpause bekräftigten die USA kategorisch die Forderung nach einem sofortigen Ende der Kampfhandlungen in Syrien und unbehinderten Zugang für humanitäre Helfer in die Krisengebiete. „Das Regime behauptet zwar, es kämpfe gegen Terroristen, aber stattdessen terrorisiert es hunderttausende Zivilisten mit Luftangriffen, Artillerie, Raketen und einer drohenden Bodenoffensive“, twitterte Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums. Sie wies darauf hin, dass Russland den Einfluss habe, diese Aktionen zu stoppen.

Flüchtlinge und Verletzte sollten abtransportiert werden

Die Feuerpause soll in den Orten Duma und Irbin von 9 bis 14 Uhr Ortszeit gelten. „In dieser Zeit werden die syrischen Regierungstruppen ihr Feuer auf die Terroristen einstellen“, sagte Generalmajor Juri Jewtuschenko nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums in Moskau. Duma und Irbin liegen im Nordwesten des seit Tagen heftig bombardierten Gebiets nahe Damaskus.

Zum Abtransport von Flüchtlingen stelle der syrische Rote Halbmond an dem humanitären Korridor Busse bereit, sagte Jewtuschenko. Für Verletzte gebe es Krankenwagen, in den Krankenhäusern von Damaskus würden zusätzliche Betten aufgestellt. Er rief die bewaffneten Regierungsgegner auf, den Zugang zu dem Korridor von Minen zu räumen.

Die Vereinten Nationen kündigten für den Fall einer von allen Seiten eingehaltenen Feuerpause in Ost-Ghuta den sofortigen Beginn von Hilfslieferungen an. „Wir stehen bereit sobald die Bedingungen für die Lastwagenfahrer und Helfer sicher genug sind, um in diese Gegenden hineinzugehen“, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag in New York. Dafür müssten die Kämpfe aufhören und es dürfe keine Straßensperren geben.

Ost-Ghuta seit 2013 unter Belagerung

„Fünf Stunden sind besser als keine Stunden“, sagte Dujarric mit Hinweis auf die Resolution des UN-Sicherheitsrates vom Samstag, die eine 30-tägige Waffenruhe im Bürgerkriegsland Syrien fordert. „Aber wir würden es gerne sehen, wenn das Schweigen der Waffen auf 30 Tage ausgedehnt würde, wie der Sicherheitsrat es gefordert hat“, sagte der UN-Sprecher.

Russland reagiert mit der Feuerpause auf Kritik an dem schweren Bombardement auf Ost-Ghuta durch syrische Regierungstruppen seit mehr als einer Woche. Die Angriffe waren trotz der Forderung des UN-Sicherheitsrates nach einer 30-tägigen Waffenruhe für das Bürgerkriegsland weitergegangen. Zudem verlangte das Gremium, dass Helfer Zugang zu belagerten Gebieten bekommen.

Ost-Ghuta östlich von Damaskus wird seit 2013 von Regierungstruppen belagert. Die humanitäre Situation in dem Gebiet ist verheerend. Die etwa 400 000 Menschen benötigen vor allem medizinische Hilfslieferungen, aber auch Nahrungsmittel.

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian will an diesem Dienstag in Moskau mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow über die Lage in Syrien sprechen. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel telefonierte am Montag mit Lawrow. Der SPD-Politiker forderte nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom Abend nachdrücklich die Umsetzung der UN-Resolution durch alle Parteien und betonte, die Feuerpause könne nur ein erster Schritt sein.

Die EU-Außenminister hatten zudem eine Kontrolle der Einhaltung der UN-Resolution gefordert. „Diese Resolution (...) braucht Überwachungsmechanismen“, sagte die EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini am Montag am Rande eines Ministertreffens in Brüssel.