Esslingens Gemeinderat sucht weiter einen Kultur- und Ordnungsbürgermeister. Das Protokoll einer ungewöhnlichen Wahl.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Der Esslinger Gemeinderat muss nachsitzen. Am Freitag, 26. Juli, um 17 Uhr trifft sich das Gremium erneut, um den Weg für eine Neuausschreibung der Stelle des Ordnungs-, Sozial-, Kultur- und Schulbürgermeisters frei zu machen. Wie erwartet hat in der Sitzung am Montag keiner der Bewerber die Ratsmehrheit derart von sich überzeugen können, als dass man sich auf ihn als Nachfolger für den ausscheidenden Markus Raab hätte verständigen können.

 

Insgesamt hatten nur drei der 14 Bewerber – allesamt Männer – den Weg nach Esslingen gefunden. Es hatte sich also bereits im Vorfeld herumgesprochen, dass die Grünen, die seit der Kommunalwahl am 26. Mai das Vorschlagsrecht für den Posten des Kulturbürgermeisters haben, noch keine geeignete Kandidatin gefunden haben, die bereit wäre, an verantwortungsvoller Stelle im Esslinger Bürgermeisterteam mitzuarbeiten.

Niemand hatte ernsthaft Chancen

Deshalb war von vornherein klar, dass die Vorstellungsrunde vor allem aus formalen und rechtlichen Gründen stattfinden würde. Keiner der Bewerber konnte sich ernsthaft Chancen ausrechnen am Abend als gewählter Bürgermeister Esslingen verlassen zu können.

Die Abstimmung über jeden einzelnen Bewerber blieb ihnen denn auch erspart. Denn unmittelbar nach der Vorstellungsrunde – jeder Bewerber konnte sich und seine Ideen fünf Minuten lang präsentieren – erklärte die Grünen-Fraktionschefin Carmen Tittel, dass ihre Fraktion sich außerstande sähe, einen Kandidaten aus dem Bewerberfeld zu empfehlen oder gar zu wählen. Deshalb beantragte sie, das Wiederbesetzungsverfahren abzubrechen und zeitnah eine Neuausschreibung zu beschließen. Bei zwei Enthaltungen stimmte der Gemeinderat dafür, sich noch einmal am Freitag zu einer kurzen Sondersitzung zu treffen.

Der Kandidat verspricht Millionen

Von den drei Bewerbern, die sich in Esslingen präsentiert haben, hat sicher der Heilbronner Finanzexperte Jürgen Märkle den stärksten Eindruck hinterlassen. Der 46-jährige, nach eigenen Angaben Führungskraft eines Finanzdienstleisters mit 82 Mitarbeitern, rühmte seine Qualitäten als Geldbeschaffer für soziale, künstlerische und andere Projekte. Doch auch die in Aussicht gestellten Millionenbeträge, die er bei wohlhabenden Privatleuten einzutreiben versprach, konnte die Stadträte nicht überzeugen.

Vom Geldsammeln im allerdings deutlich kleineren Umfang erzählte Ralf Schepers, der als Wittener Rechtsanwalt zahlreiche Parallelen zwischen Esslingen und seiner Heimatstadt entdeckte: Beide Städte lägen an einem Fluss und in der Nähe einer Stadt mit mehr als 500 000 Einwohnern – und beide hätten ein besonderes Verhältnis zur Zwiebel: Denn auch in Witten gäbe es ein Zwiebelfest.

Zum zweiten Mal gescheitert

Der dritte im Bund war im Esslinger Ratsrund kein Unbekannter. Denn der Musikpädagoge Ulrich Raisch war vor acht Jahren bereit einmal als Bürgermeisterkandidat angetreten, hatte gegen Markus Raab aber den Kürzeren gezogen. Sein Wunsch: Esslingen möge die erste Stadt in Baden-Württemberg mit einem Musikkindergarten werden.