Rhona Fetzer erregte mit einem „Wucher“-Urteil zuletzt Aufsehen. Jetzt zieht die Frau aus Reutlingen neu in das Bundesverfassungsgericht ein.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Die bestellten Gelenkbolzen waren in Ordnung. Aber dass bei einem Gesamtpreis von knapp 20 Euro ein Viertel auf die Versandkosten entfiel, fand ein Mann aus Bayern überhaupt nicht in Ordnung. „Wucher“ sei das, schrieb er in die Kundenrezession auf der Internetplattform Ebay, die das als unzulässige Schmähkritik wertete.

 

Es ist einer der jüngsten Fälle, in denen Rhona Fetzer höchstinstanzliches Recht gesprochen hat. Seit 2009 ist sie Richterin des achten Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH), seit Mai fungierte sie sogar als dessen Vorsitzende. Jetzt geht die 59-Jährige den nächsten Karriereschritt. Am Donnerstag wurde sie vom Bundestag zur Richterin am Bundesverfassungsgericht (BVG) gewählt. Sie folgt auf Monika Hermanns, deren Amtszeit im zweiten Senat schon im November offiziell endete.

Der Patenonkel schwärmte von der Justiz

Fetzer stammt aus Reutlingen. Ihr Entschluss, eine juristische Karriere anzustreben, fiel bereits früh, mit 14 Jahren. Ihr in Amerika lebender Patenonkel habe sie für den Beruf des Rechtsanwalts begeistert, sagte sie vor einigen Wochen in einem Interview mit dem SWR. Dass es sie dann doch eher auf den Richterstuhl zog, habe sie im Studium dann ziemlich schnell gemerkt. Sie habe daran die Verantwortung und die Gestaltungskraft gereizt. Nach drei Jahren als Anwältin wechselte sie in den Staatsdienst, zunächst nach Baden-Baden, später ans Landgericht und Oberlandesgericht in Karlsruhe.

Beim ebenfalls in Karlsruhe angesiedelten Bundesgerichtshof ist ihr Senat vor allem für Mietrechtsfragen, Kaufrecht und andere verbrauchernahe Themen zuständig. Es gehe um das „volle pralle Leben“, wie Fetzer findet. So fällt in ihre BGH-Amtszeit die bei Vermietern weniger geschätzte Entscheidung, dass Mieter beim Auszug die Wände nur dann streichen müssen, wenn sie auch schon beim Einzug frisch gestrichen waren. Bei Eigenbedarfskündigungen war ihre Rechtssprechung hingegen eher vermieterfreundlich. Sie könnten nur dann in Zweifel gezogen werden, wenn dem Mieter aus gesundheitlichen Gründen ein Auszug nicht zumutbar ist.

Aufstieg auf dem SPD-Ticket

Ins Bundesverfassungsgericht zieht sie nun auf Vorschlag der SPD ein. Gleichzeitig durften auch Grüne und FDP zwei neue Richter vorschlagen. Das ist allerdings Zufall und kein Affront gegenüber der Opposition. Die Union ist bei der nächsten Besetzung wieder dran. Der zweite Senat, in dem Fetzer tätig sein wird, beschäftigt sich mit Streitigkeiten zwischen unterschiedlichen Ebenen des Staates, hat aber auch mit Grundrechtsfragen zu tun. Dass Fetzer, die in Konstanz promovierte, sich hier auskennt, hat auch der Fall mit den Gelenkbolzen gezeigt. „Wucher“ sei deftig, aber in diesem Fall noch keine Schmähkritik, urteilte ihr Senat. Ebay musste die Rezension wieder online stellen.