Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, Inge Paulini, verlangt wissenschaftliche Studien über elektromagnetische Strahlungen. Hintergrund ist das 5-G-Netz und mögliche Folgen für die Gesundheit.

Stuttgart - Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini, hat in der „Passauer Presse“ weitere Forschungen über die gesundheitlichen Folgen elektromagnetischer Strahlung angemahnt. Hintergrund ist die am Dienstag beginnende Versteigerung von Frequenzen, die für den Aufbau der fünften Mobilfunkgeneration (5G) notwendig sind. „Deutlich höhere Datenübertragungsmengen, neue und zusätzliche Sendeanlagen und höhere Frequenzen verändern aber die Strahlungsintensitäten – diese müssen untersucht werden“, sagte Paulini. Die Toxikologin Paulini steht dem BfS seit zwei Jahren vor, die Strahlenschutzbehörde untersteht dem Bundesumweltministerium.

 

Strahlung sinkt mit Entfernung zum Handy

Der neue 5G-Standard nutze mittelfristig auch „höhere Frequenzen“, erläuterte die Expertin. „Hier haben wir noch wenige Erkenntnisse und werden mittelfristig weitere Forschung betreiben“, kündigte die Wissenschaftlerin an. Ferner sei aus ihrer Sicht offen, „was geschieht, wenn etwa unterschiedliche Betreiber am gleichen Ort Sendeleistung aufbauen. Das werden wir beobachten und bewerten.“ Erforderlich sind Untersuchungen über die Auswirkung der Strahlung durch zusätzliche Sendemasten. Bisher war das 5-G-Netz vor allem unter sicherheitspolitischen Erwägungen diskutiert worden und der Frage, ob auch der chinesische Betreiber Huawei für das Bieterverfahren zugelassen werden soll.

Die Präsidentin des Amtes warnte gleichzeitig vor Panikmache. „Für 5G gilt also, was auch für vorherige Mobilfunkstandards gilt: Unterhalb der geltenden Grenzwerte sind keine gesundheitlichen Auswirkungen nachgewiesen.“ Paulini riet aber generell zu einem „umsichtigen Umgang mit dem Handy“. Ihre Tipps lauten: „Headset benutzen“, denn die Strahlung sinke mit der Entfernung zum Mobiltelefon. Ferner den Strahlenwert SAR beim Kauf eines Handys beachten. Und: „Festnetz ist besser als Mobiltelefon“, so die Expertin.

Umweltschützer stellen Forderungen

Mit der Handy-Strahlung haben sich bereits zahlreiche Studien befasst. „Eindeutig nachgewiesen ist bislang lediglich, dass die hochfrequenten Felder eine thermische, also wärmende Wirkung haben. Das kennt man ja auch aus der Mikrowelle“, erklärte Sarah Drießen vom Forschungszentrum für elektromagnetische Umweltverträglichkeit an der RWTH Aachen der Agentur dpa. Allerdings falle beim Mobilfunk dieser Effekt viel geringer aus. Um eine schädliche Wirkung auszuschließen, gibt es Grenzwerte, wie den von Paulini erwähnten SAR-Wert, dessen empfohlener Höchstwert von zwei Watt pro Kilogramm am Kopf/Ohr nicht überschritten werden sollte.

Umweltschutzverbände äußerten sich skeptisch über 5G. Aus Sicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) muss die Bundesregierung die Gesundheit der Menschen „endlich“ in den Blick nehmen. „Die gesundheitlichen Auswirkungen von 5G müssen im Rahmen von Begleitstudien durch unabhängige Institute schnellstmöglich erforscht werden“, forderte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger am Dienstag. Weiger kritisierte, dass Risikoforschung bisher kaum stattgefunden habe. „Weder sind die Wirkungen auf Risikogruppen wie Kinder ausreichend untersucht, noch lassen sich Aussagen von 5G-Befürwortern, dass es keine Risiken durch die flächendeckende Nutzung elektromagnetischer Strahlung gäbe, wissenschaftlich belegen.“ Aus Vorsorgegründen müsse die Bundesregierung dem Beispiel der Schweiz folgen „und eine Absenkung der Grenzwerte aller Mobilfunksendeanlagen vor dem weiteren Ausbau um mindestens 90 Prozent veranlassen“.

Weiterhin sei vor einem Netzausbau zu prüfen, wie viele Sendemasten in den Regionen wirklich benötigt würden. Eine Verpflichtung der Netzbetreiber, sich Sendeanlagen zu teilen – das so genannte Roaming –, könnte die Dichte von Sendemasten reduzieren.