Bei der Eröffnung der Bundesgartenschau in Heilbronn bekennt sich der Bundespräsident als gärtnerischer Mann fürs Grobe. Nach dem verregneten Auftakt kommt dann doch noch die Sonne raus und 10 000 Besucher flanieren durch die Blumenschau.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Heilbronn - Der Himmel ist grau, es nieselt. Jutta Daugsch hat ihren Schirm aufgespannt. Der ist pink, so wie Zwerg Karl, das Maskottchen der Heilbronner Bundesgartenschau (Buga). Es ist halb elf, und die 67-Jährige geht schon wieder nach Hause. Unzufrieden ist sie nicht: „Ich wollte nur nach den Spielplätzen schauen.“ Sechs sind es insgesamt, einer davon mit Wasserspiel, ein anderer mit einer 13 Meter hohen Kletterwand, einem Hochseilparcours und Riesenrutschen. Da können die Enkel aus München an Ostern kommen.

 

Bis zum Schluss gearbeitet

Es sind vor allem Dauerkarteninhaber, die schon am Morgen als erste Gäste auf dem 40 Hektar großen Buga-Gelände zwischen Heilbronner Bahnhof und Neckar auf Erkundungstour gehen. Sie können beruhigt feststellen, dass zur Eröffnung alle Blumen gepflanzt, alle Radlader weggefahren und alle Flatterbänder entfernt sind. Bis zum Schluss und teilweise rund um die Uhr war fieberhaft gearbeitet worden. Erst in der Nacht hatten Helfer für die Eröffnungsveranstaltung den obligatorischen Blumenschmuck auf der Bühne drapiert.

Als es dort um 11 Uhr losgeht, ist davon nichts mehr zu spüren. Die Buga mache Lust auf Frühling, sagt der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Traditionell ist der erste Mann im Staate Schirmherr der Bundesgartenschau, im eigenen Garten allerdings, das bekennt Steinmeier, sei er eher der Mann fürs Grobe. „Meine Frau teilt mich meist zum Rasenmähen und Laubsäckeschleppen ein.“ Er sei aber fest entschlossen, seine gärtnerischen Fähigkeiten noch auszubauen.

Steinmeier nur fürs Grobe zuständig

Auch hierauf macht die Gartenschau Lust, wie Steinmeier feststellt, als er im Anschluss zusammen mit dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), dem Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) und dem Gartenschau-Chef Hanspeter Faas das Gelände inspiziert: Blumenschauen in der ehemaligen Stückguthalle der Bahn, Themengärten baden-württembergischer Regionen, Gartenwelten mit Pilzen, Bienen, alten Obstsorten oder Heilkräutern und Gartenkabinette mit einem riesigen Salzblock, mit Robotern oder gestaltet aus Recyclingmaterial.

Ein erster Wettkampf steht am Eröffnungstag auch schon auf dem Programm. Zwölf angehende Landschaftsgärtner kämpfen in Zweierteams um den Titel der Besten im Land. Innerhalb eines Tages müssen sie einen 16 Quadratmeter großen Garten mit Mäuerchen und einem Kreis aus Pflastersteinen anlegen. 40 Kilogramm schwere Muschelkalkquader müssen zurechtgeschlagen werden. „Wer das kann, kann mit Naturstein umgehen“, sagt das Jurymitglied Tobias Gall. Im September folgt der Bundesentscheid.

Tausende flanieren über das Gelände

Die örtliche Briefträgerin hat derweil ihre Runde geschafft. „Es war sehr angenehm. Ich bin froh, dass ich diesen Bezirk angenommen habe“, sagt sie. 400 Menschen wohnen bereits jetzt auf dem Gelände oder ziehen in den nächsten Wochen ein. Auch der Bundespräsident lobt das spezielle Konzept, eine Buga erstmals mit einer Stadtausstellung zu kombinieren. Kein Thema sei für die Zukunft der Städte so wichtig wie das Wohnen, sagt Steinmeier. Heilbronn biete dabei eine „kluge Mischung aus Miet- und Eigentumswohnungen, aus Wohnen und Arbeiten, Büros und Cafés, aus Kita und betreutem Wohnen“.

Als Steinmeier die Buga als zukunftweisendes Angebot lobt, klatschen nicht nur die 2000 geladenen Gäste vor der Bühne. Auch auf dem Marktplatz, wo gut 1000 Heilbronner vor einer Großleinwand die SWR-Liveübertragung verfolgen, brandet Applaus aus. Andere sitzen zu Hause vor dem Fernseher – aber nicht lange. „Als der Buga-Chor ‚Oh, happy day‘ gesungen hat, hat uns das so motiviert, dass wir gleich hergefahren sind“, erzählt später Inge Reinhard (57) aus Neudenau (Kreis Heilbronn). Da scheint längst die Sonne, und Tausende flanieren über das Gelände.