Im Bundeskriminalamt endet eine Ära: Der Bremer Neuling Holger Münch beerbt Jörg Ziercke, der die oberste Polizeibehörde mehr als zehn Jahre geführt hat.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Dem „Tatort“ verdankt der künftige Chef des Bundeskriminalamts seine ersten Schlagzeilen, die nicht bloß im „Weser-Kurier“ zu lesen waren. Die sonntägliche Krimiserie spielt gelegentlich auch in Bremen. Dort ist Holger Münch 1961 geboren, dort ist er seit 1978 Polizist. Viel mehr wissen selbst eingefleischte Sicherheitsexperten über den neuen Mann an der Spitze der obersten Fahndungsbehörde nicht zu berichten.

 

Am 23. Februar dieses Jahres hieß der „Tatort“ wieder Bremen. Der TV-Krimi berichtete von einem Verbrechen mit realistischem Hintergrund. Die Drehbuchautoren entwickelten ihre Geschichte nach dem Muster eines kriminellen Türkenclans, der in der Hansestadt tatsächlich der Polizei zu schaffen macht. Münch sah sich in seiner Rolle als Innenstaatsrat gefordert. Was das Fernsehen da erzählt habe, sei genau das, „was wir nicht brauchen an Botschaften“, betonte er. Es sei keineswegs so, dass die Bremer Polizei solche Zustände dulde.

Schlagzeilen mit Kritik am „Tatort“

Von dieser Episode abgesehen, ist der neue Chef von 5500 BKA-Polizisten ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Der Wechsel an der Spitze der Behörde hatte sich lange hingezogen. Die Pensionierung seines Vorgängers Jörg Ziercke steht seit Jahren an, wurde immer wieder verschoben. Zwei Hände reichen kaum aus, um die Namen der vermeintlichen Kandidaten aufzuzählen, die als mögliche Nachfolger im Gespräch waren. Zuletzt wurde eigentlich der Landeskriminaldirektor im Innenministerium von Nordrhein-Westfalen, Dieter Schürmann, als Favorit gehandelt. Die Entscheidung für Münch gilt als Überraschung. Zugriff auf den Posten hat nach koalitionsinternen Absprachen die SPD. Der Bremer Neuling ist aber parteilos.

Münch hat die Polizeiarbeit von der Streife an gelernt. Mit 19 fing er bei der Bereitschaftspolizei an, danach war er sieben Jahre lang Schutzmann in Bremen, kam später zur Wasserschutzpolizei und schließlich zur Kriminalpolizei. Von 2009 bis 2011 war er in dem Stadtstaat Polizeipräsident, danach stieg er zum Staatsrat beim Innensenator auf. Sein bisheriger Chef ist der Sozialdemokrat Ulrich Mäurer.

„Die Kriminalstatistik spricht nicht für Münch“

Bremen gilt nicht gerade als Musterbeispiel für eine besonders effektive Verbrechensbekämpfung. „Die Kriminalstatistik spricht nicht für Münch“, sagt ein Sicherheitspolitiker aus dem Bundestag. Die Deutsche Polizeigewerkschaft überschüttet den neuen BKA-Präsidenten allerdings mit Vorschusslorbeeren. Münch sei ein „charismatischer Mensch“, heißt es. Er habe sich in seinem bisherigen Job als Reformer einen Namen gemacht. So wird ihm gutgerechnet, dass er in der Hansestadt Kontaktpolizeibeamte – in Kurzform „Kops“ genannt – eingeführt habe, die zu Fuß in ihren Revieren unterwegs sind. Als Polizeipräsident musste Münch Sparvorgaben des Senats umsetzen und schaffte dies offenbar, ohne die eigenen Beamten gegen sich aufzubringen.

Beim Bundeskriminalamt erwarten ihn diverse Herkulesaufgaben. Ziercke, mehr als zehn Jahre Mr. Sicherheit an der Spitze dieser Behörde, hat ihm etliche unbewältigte Fälle hinterlassen. Die Rolle des BKA in der Kinderporno-Affäre des SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy ist noch nicht aufgearbeitet. Die Konsequenzen aus dem Versagen, das durch die NSU-Mordserie offenbar wurde, sind noch nicht komplett gezogen. Und von der politisierten Hooligan-Gewalt wurde das BKA offenkundig auch auf dem falschen Fuß erwischt.