Dass in der Bundesliga jetzt über einen Play-off-Modus diskutiert wird, macht die Münchner Dominanz deutlich – und die Hilflosigkeit der anderen Clubs.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

München - Die deutsche Fußballmeisterschaft wird immer mehr zum Wintersport. Zwischen Dezember und Februar zieht der FC Bayern der Konkurrenz davon, um dann im März den Titel zu feiern. In dieser Saison geht es mal wieder nur noch darum, an welchem Spieltag die Münchner die jährliche Pflichtaufgabe erledigt haben. Am frühesten dran waren die Bayern bisher in der Saison 2013/2014, als am 25. Spieltag die Meisterschaft eingefahren war. In diesem Bereich bewegen sie sich auch in dieser Saison bei aktuell 18 Punkten Vorsprung auf RB Leipzig als Zweitplatzierten – der Begriff „Verfolger“ verbietet sich in diesem Zusammenhang.

 

Der bevorstehende Titelgewinn des FC Bayern, der an diesem Samstag in Wolfsburg antritt, wird der sechste nacheinander sein. Eine längere Serie hat im deutschen Fußball nur der BFC Dynamo zu bieten. Zwischen 1979 und 1988 gewann der Berliner Club des Stasi-Chefs Erich Mielke zehnmal in Folge die DDR-Meisterschaft. Allerdings sollen daran mitunter auch die Schiedsrichter beteiligt gewesen sein. Eine derartige Unterstützung hat der FC Bayern nicht nötig. Die Mia-san-mia-Dominanz braucht keine Hilfe von außen.

Wobei in dieser Saison unklar ist, ob die Bayern so stark sind oder aber die anderen Clubs so schwach. Es gab jedenfalls schon eine bessere Münchner Mannschaft als die aktuelle. Dazu zählt sicher jenes Team, das 2013 das Triple gewann, mit Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sowie Arjen Robben und Franck Ribéry auf dem absoluten Höhepunkt ihrer fußballerischen Schaffenskraft.

Was für die Bayern spricht, spricht gegen den Rest

Robben und Ribéry befinden sich mittlerweile im Spätherbst ihrer Karriere, spielen die gegnerischen Abwehrreihen aber immer noch schwindelig. Und die Anweisungen gibt wie 2013 der Revival-Trainer Jupp Heynckes, der auch noch mit 72 Jahren in der Bundesliga das Maß aller Dinge zu sein scheint.

Was für die Bayern spricht, spricht gegen den Rest. Weshalb der Chef der Deutschen Fußball-Liga den anderen 17 Clubs ein schlechtes Zeugnis ausstellt. „Zuschauer, Medien und Sponsoren erwarten eine Liga, die dauerhaft eine intakte Spitze aus mehreren Clubs hat, die europaweit mithalten kann und sich national einen spannenden Wettbewerb liefert“, sagt Christian Seifert. Von dieser Anforderung ist die Bundesliga momentan weit entfernt. Allein die Bayern haben die K.-o.-Runde der Champions League erreicht. Und in der Europa League sind nur noch die in der Königsklasse ausgeschiedenen Teams aus Dortmund und Leipzig am Start, die am Donnerstag immerhin gegen Bergamo und Neapel gewonnen haben.

Dennoch: Würde der europäische Verband Uefa die internationalen Startplätze nicht nach einer Fünfjahreswertung vergeben, sondern nach jeder Saison neu, sähe es ganz düster für die Bundesliga aus. Derzeit belegt Deutschland im internationalen Ranking Platz zehn.

Allein die Bayern sind auf hohem internationalem Niveau wettbewerbsfähig und in der Bundesliga unterfordert. „Das muss sich ändern“, sagt Christian Seifert und fordert die anderen Clubs unmissverständlich zu einer besseren Leistung auf. Die haben allerdings teilweise eine andere Idee, wie gegen die chronische Meisterschaftslangweile vorzugehen sei. Wolfgang Holzhäuser, der ehemalige Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, schlug gerade erst vor, den Meister im Play-off-Modus zu ermitteln. So seien höhere Fernseheinnahmen zu erzielen, wenn der Titelträger nicht schon lange vor Saisonende feststehen würde, meint Holzhäuser. Diese Reformidee findet beispielsweise Schalkes Manager Christian Heidel „interessant und nicht abwegig“, während sie Borussia Dortmunds Fußballboss Hans Joachim Watzke ablehnt. Unterschiedlich reagieren auch die Bayern auf den Vorschlag. Gegenüber der „Sport-Bild“ äußert sich Thomas Müller wohlwollend, während sein Teamkollege Mats Hummels gar nichts davon hält – mit dem Hinweis, dass es ja mit dem DFB-Pokal und der Champions League bereits genug Wettbewerbe mit Alles-oder-nichts-Charakter gebe.

Auch in anderen Ländern ist die Meisterschaft langweilig

Vermutlich müssen sich die Clubs etwas anderes als eine Modus-Änderung überlegen, um wieder näher an die Bayern heranzurücken und die Liga an der Spitze spannender zu machen. Jemanden Uneinholbaren vor sich zu haben ist ja auch kein spezifisch deutsches Phänomen, was sich aktuell in anderen europäischen Ligen zeigt.

In der Premier League hat Spitzenreiter Manchester City derzeit einen Vorsprung von 16 Punkten, während in Frankreich Paris St.-Germain ein Zwölf-Punkte-Polster besitzt. In England machen die dahinter aufgereihten Teams von Manchester United, Liverpool, Chelsea und Tottenham allerdings einen deutlich stärkeren Eindruck als die deutschen Entsprechungen Leipzig, Dortmund, Frankfurt und Leverkusen. Auch die französischen Pendants Monaco, Marseille oder Lyon scheinen derzeit leistungsfähiger zu sein als die zweite deutsche Reihe. Und der Rest spielt gegen den Abstieg, was zurzeit für die mit Abstand größte Spannung sorgt. Schöne Grüße aus der Abstiegskampf-Liga.