Frank-Walter Steinmeier ruft die Deutschen zum Zusammenhalt und zur Zuversicht auf. In seiner Ansprache konzentriert er sich auf die Folgen des Krieges. Er wirbt aber auch noch für ein anderes Thema.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

Zusammenhalt und Zuversicht – dazu ruft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Deutschen in seiner Weihnachtsansprache auf. „Wenn dieses Jahr ein Gutes hatte, dann doch die Erfahrung: Gemeinsam kommen wir durch diese Zeit“, sagt Steinmeier mit Blick auf die Herausforderungen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Energiekrise. „Und deshalb ist es mein Weihnachtswunsch, dass wir diese Zuversicht mitnehmen ins neue Jahr. Dass wir alles stärken, was uns verbindet.“

 

Zu Zusammenhalt und Zuversicht ruft jeder Bundespräsident auf. Und doch ist es eine Rede, die man zum Beispiel nicht mit derjenigen Steinmeiers aus dem vergangenen Jahr verwechseln könnte. Dazu ist der historische Einschnitt durch den Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine zu tief.

Krieg in der Ukraine

Steinmeier, der im Februar dieses Jahres für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident wiedergewählt worden ist, beginnt damit, dass er von einer persönlichen Begegnung erzählt. Mit Kindern, die mit ihren Müttern vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen sind. „Sie haben ihre Heimat und sie haben ihr Zuhause verloren, viele von ihnen haben Schreckliches erlebt“, sagt der Bundespräsident. „Sie sind so verängstigt, dass schon der Knall einer zufallenden Tür sie zittern lässt.“

Begegnung in Sachsen

Getroffen hat Steinmeier die Kinder im sächsischen Freiberg, wo sie in die Grundschule gehen. Ihre Lehrerin habe erzählt, wie oft sie die Kinder trösten müsse. „Manchmal möchte ich mitweinen“, habe sie gesagt. Aber das gehe ja nicht, sie müsse doch stark bleiben. Eine andere Lehrerin sei erst im Mai aus der Ukraine gekommen – ohne dass sie ein Wort Deutsch gesprochen hätte. Heute unterrichte sie ukrainische Kinder auf Deutsch, berichtet der Präsident. Wie schaffe man das alles? „Da waren so viele, die unsere Hilfe brauchten – also haben wir es einfach gemacht“, habe ihm die Schulleiterin gesagt.

Es seien „raue Zeiten“, führt Steinmeier aus. „Wir stehen im Gegenwind“, sagt er. Dennoch sei gerade Weihnachten der richtige Moment, auf das zu schauen, was Zuversicht gebe. „Die Ukraine behauptet sich mit großem Mut. Europa steht zusammen“, sagt er. Deutschland wachse in der Herausforderung über sich hinaus. Der Staat mildere die härtesten Belastungen, in den Unternehmen arbeiteten viele daran, gestärkt aus der Krise zu kommen.

Kampf gegen den Klimawandel

Der 66 Jahre alte Präsident betont, trotz aller anderen Sorgen dürfe der Kampf gegen den Klimawandel nicht aus dem Blick geraten. „Er kann nicht warten, er braucht uns alle“, sagt Steinmeier. „Ich wünsche mir, dass die Älteren auch spät im Leben noch einmal bereit sind, sich zu verändern.“ Und dass die Jüngeren sich engagierten, dass sie kritisch seien – „ohne der Sache des Klimaschutzes zu schaden, indem sie anderen gegen sich aufbringen“.

Frank-Walter Steinmeier erklärt: „Wir brauchen doch beides: den Ehrgeiz der Jungen und die Erfahrung der Alten.“ Das gemeinsame Ziel sei, so Steinmeier, dass die Jüngeren nicht die letzte Generation seien, sondern die erste Generation einer klimafreundlichen Welt.

Licht und Dunkel

Als drängendsten Wunsch macht Steinmeier allerdings den nach Frieden aus. Darauf hofften nicht nur die Deutschen, sondern noch sehnlicher die Grundschulkinder aus Freiberg und ihre Familien, so der Präsident. „Aber dieser Friede ist noch nicht greifbar“, fügt er hinzu. „Und es muss ein gerechter Friede sein, der weder den Landraub belohnt, noch die Menschen in der Ukraine der Willkür und Gewalt ihrer Besatzer überlässt.“ Bis Friede einkehren könne, sei es ein Gebot der Menschlichkeit, den Angegriffenen beizustehen. Auch damit, so sagt es der Bundespräsident im Stil einer Weihnachtspredigt, „setzen wir im Dunkel des Unrechts ein Licht der Hoffnung“.