Die Union hat die Bundestagswahl verloren, will aber weiter regieren. CSU-Chef Söder berät in München mit der Parteispitze, wie sich das bewerkstelligen lässt.

München - Nach der knappen Niederlage der Union bei der Bundestagswahl beansprucht die CSU keinen Auftrag zur Regierungsbildung mehr. CSU-Chef Markus Söder betonte nach Teilnehmerangaben am Montag in einer Sitzung des Parteivorstands, dass die Union nach dem Absturz bei der Bundestagswahl keinen zwingenden Anspruch auf die Regierungsführung erheben könne.

 

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Die Union sei auf Platz zwei und nicht eins gelandet, es gebe daraus keinen Anspruch auf die Regierungsführung - allerdings ein Angebot für Gespräche, sagte Söder nach Teilnehmerangaben. Ein solches Angebot mache man - aber es werde kein „Anbiedern um jeden Preis“ bei Grünen und FDP geben, stellte er klar.

Am Wahlabend und am Montagmorgen hatten Politiker von CDU und CSU die Forderung nach einer Regierungsbildung beziehungsweise nach einer Regierungsbeteiligung erhoben. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte im Bayerischen Rundfunk, es gebe eine „große Erwartung in der Bevölkerung, dass wir alles dazu beitragen, dass es auch in Deutschland eine bürgerliche Regierung gibt“. Man müsse den Auftrag der Wähler umsetzen.

Weber spricht von bitterem Ergebnis

In der Sitzung gab es auch Kritik am Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet und der CDU. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte nach Teilnehmerangaben, es habe bei der CDU Schwächen bei Kurs, Kampagne und beim Kandidaten gegeben.

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sprach intern demnach von einem bitteren Ergebnis für die Union - und erinnerte daran, dass CSU-Chef Markus Söder im Frühjahr das Angebot gemacht hatte, selbst Kanzlerkandidat zu werden. Und mit ihm hätte die CSU in Bayern viel, viel besser abgeschnitten, argumentierte Weber laut Teilnehmern.

Bei der Bundestagswahl hatte die CSU in Bayern nach dem vorläufigen Ergebnis mit nur noch 31,7 Prozent das schlechteste Ergebnis seit mehr als 70 Jahren eingefahren. CDU und CSU insgesamt lagen in Deutschland mit 24,1 Prozent hinter der SPD, die 25,7 Prozent erzielte. In der Nachkriegsgeschichte hatte die SPD von 1969 bis 1980 bei vier Bundestagswahlen hintereinander als jeweils zweitplatzierte Kraft die Regierung gebildet. Damals waren die Sozialdemokraten unter Willy Brandt und Helmut Schmidt allerdings mit festen Koalitionszusagen der FDP in die Wahlen gegangen.

Vor der Bundestagswahl war CSU-Chef Söder davon ausgegangen, dass die SPD im Falle eines Wahlerfolgs die Regierung bilden werde. „Denn wenn die SPD vor der Union liegt, dann ist ganz eindeutig, dass es eine Links- oder eine Ampelkoalition gibt, jedenfalls Rot-Grün mit einem Partner dazu“, hatte Söder vor einer Woche gesagt.

Gestörtes Verhältnis zu Freien Wählern

Gestört ist nach der Bundestagswahl auch das Verhältnis der CSU zum Koalitionspartner in der Staatsregierung, den Freien Wählern. CSU-Generalsekretär Blume attackierte erneut deren Parteichef Hubert Aiwanger. Die Freien Wähler hätten „dem bürgerlichen Lager und dem bürgerlichen Anliegen in Deutschland geschadet“. Stimmen für sie seien „verlorene Stimmen“ gewesen. „Und das sind die entscheidenden Stimmen, die dazu jetzt gefehlt haben, dass die Union stärkste Kraft wurde und dann auch den ganz klaren Regierungsauftrag als dominierende Partei gehabt hätte.“

In Bayern hatte die CSU so schlecht abgeschnitten wie seit der ersten Bundestagswahl 1949 nicht mehr, sie lag aber dennoch weiter weit vor der SPD auf Platz zwei mit 18 Prozent, die sich um 2,7 Punkte verbesserte. Die Grünen erzielten mit 14,1 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis im Freistaat, 4,3 Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Die FDP gewann mit 10,5 Prozent leicht hinzu, die AfD verlor 3,4 Punkte und kam auf 9,0 Prozent. Die Freien Wähler erreichten in Bayern 7,5 Prozent, verfehlten aber ein weiteres Mal den Einzug in den Bundestag.

Nach Zahlen des Bundeswahlleiters vom Montagmorgen werden künftig 116 Abgeordnete aus Bayern im Bundestag sitzen, acht mehr als bisher. 45 Abgeordnete schickt die CSU, 23 die SPD. Die Grünen erringen erstmals ein Direktmandat bei einer Bundestagswahl im Freistaat und kommen auf 18 Abgeordnete. Dahinter folgen die FDP mit 14, die AfD mit 12 und die Linke mit 4 Mandaten.