Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts muss ein Papier der Bahn zur Kommunikation über Stuttgart 21 offen gelegt werden. Über weitere Akten urteilt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Dieter Reicherter, Richter a.D. am Landgericht Stuttgart, wird demnächst Gelegenheit bekommen, in eine Kommunikationsstrategie der Bahn Einsicht zu nehmen, mit der diese die Akzeptanz von Stuttgart 21 erhöhen wollte. Das Papier, zu dem Reicherter nun Zugang bekommen soll, stammt vom September 2010, den Tagen vor dem als Schwarzen Donnerstag in die Geschichte der Stadt eingegangenen 30. September 2010. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Mittwoch eine entsprechende Entscheidung bekannt gegeben, nachdem die Sache im April vor dem höchsten deutschen Verwaltungsgericht verhandelt worden ist.

 

Ex-Richter Reicherter war mit seinem Ansinnen zunächst vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart gescheitert, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gab ihm aber doch Recht. Gegen diesen Entscheid legte das Land, gegen das sich die Klage richtet, und das nun die Papiere freigeben muss, Revision ein.

Vermerk des Innenministeriums bleibt unter Verschluss

Allerdings ist die Leipziger Entscheidung für Reicherter kein Sieg auf der ganzen Linie. Ein von ihm ebenfalls zur Einsichtnahmen eingeforderter beamtenrechtlicher Vermerk über die öffentliche Äußerung eines Polizisten zum aus dem Ruder gelaufenen Einsatz im Stuttgarter Unteren Schlossgarten, bleibt unter Verschluss. Die Leipziger Richter haben entschieden, dass der Vermerk „keine Umweltinformation darstellt, zu der nach Maßgabe der Umweltinformationsrichtlinie ein Zugangsanspruch besteht.“ Zwei weitere vom Kläger zur Einsicht beanspruchte Dokumente beschäftigen nun den Gerichtshof der Europäischen Union: zum einen „Informationen für die Hausspitze des Staatsministeriums über den Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten“ und zum anderen andere „Vermerke des Staatsministeriums zum Schlichtungsverfahren im November 2010“ Die Leipziger Richter verwiesen an ihre Kollegen in Luxemburg. Es bedürfe „einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zum sachlichen und zeitlichen Schutz ,interner Mitteilungen’ im Sinne der Umweltinformationsrichtlinie“, heißt es in einer Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts. Reicherter ist dennoch nicht unzufrieden. „Es ist schön, dass ich die Unterlagen der Bahn werde einsehen können“, sagt er auf Anfrage unserer Zeitung.

Er verspricht sich davon Aufschluss unter anderem darüber, welche Personen gezielt von der Bahn für eine Verbesserung der Akzeptanz des Milliardenvorhabens angesprochen werden sollten. „Es ist ein tolles Gefühl, ausgerechnet am 8. Mai, an dem das Grundgesetz 70 Jahre alt wird, einen solchen Erfolg zu erzielen“, sagt Reicherter. Und dass sich nun ein Gericht auf europäischer Ebene mit weiteren Forderungen von ihm beschäftigt, kommentiert der Ex-Richter in der ihm eigenen Art. „Es ist immer schön, wenn man zur Rechtsfortbildung beitragen kann.“

Zufriedenheit beim Kläger